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Reinheimer Mikado

Was mit „Beamten-Mikado“ gemeint ist, ist sicher den meisten bekannt. Die Spielregel ist einfach: „Wer sich bewegt, hat verloren“. Nachdem wir selbst auch Beamte in unseren Reihen haben, distanzieren wir uns natürlich in aller Form von diesem Spruch. Leider beschreibt er aber zu gut die aktuelle politische Situation in Reinheim.

Nach den „Reinheimer Verhältnissen“ (lang ist es her…) und dem Reinheimer Unwort des Jahres 2014 „Reinheimer Landrecht“ muss man heute leider vom „Reinheimer Mikado“ sprechen, wenn man sich anschaut, wie die Beratungen zum Haushalt 2016 geführt werden.

Auf Initiative der DKP findet dazu ein „Runder Tisch“ statt, der schon nach einer knappen halben Stunde ohne Ergebnis endet. Einziger Beitrag des CDU-Vertreters: „Ich habe mich geäußert“ – er erwartet Vorschläge des Magistrats. Beitrag des SPD-Vertreters: „Ich höre interessiert zu“. Von den Grünen wird Diskussionsbereitschaft signalisiert, aber kein eigener Vorschlag eingebracht. Einzelne Vorschläge kommen von FWG, Reinheimer Kreis und der DKP, von dieser Seite aber natürlich kein „großer Wurf“ der alles löst.

Der Bürgermeister hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass es jetzt Sache der Fraktionen, sprich der Politik ist, zu entscheiden, wie der Haushalt ausgeglichen werden kann. Richtig ist: wenn Leistungen gekürzt oder Steuern / Gebühren erhöht werden sollen, sind das politische Entscheidungen.

Aber auf welcher Grundlage? Vor der Einführung der „Doppischen“ Haushaltsführung war im Haushaltsplan praktisch 1:1 nachvollziehbar, was sachlich hinter jedem einzelnen Betrag steht. Heute stehen da pro „Produkt“ immer die gleichen Positionen wie „Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen“, z.T. kommentiert, oft auch nicht. Natürlich: man kann immer nachfragen, was im Detail hinter einer Position im Plan steckt – sprich der Verwaltung die Würmer einzeln aus der Nase ziehen. Erst dann lässt sich entscheiden, ob noch „Luft“ in einer Position drin ist, bzw. mit welchen Folgen man z.B. bei einer Kürzung rechnen muss.

So lange der Bürgermeister mit „seinem“ Haushaltsplan die Politik „seiner“ Mehrheit umgesetzt hat, war das kein Problem. Heute sieht es aus, als ob er versucht mit den „anderen“ Fraktionen Blindekuh zu spielen.

Die DKP hat schon im Dezember die Beteiligten aufgefordert, an einem Konsens-Haushalt mitzuwirken, und hält das auch jetzt noch für möglich, nachdem der „Runde Tisch“ erst einmal gescheitert ist. Wie kann so etwas aussehen? Das Parlament und die Ausschüsse sollen ihre Arbeit machen. Anstatt sich in Hinterzimmer-Runden abzustimmen und dann in den offiziellen Beratungen nur noch die Mehrheitskarte zu ziehen, sollte die politische Diskussion da geführt werden, wo sie auch hingehört.

Anstatt den Haushalt diagonal nach kleinen und großen Beträgen zu durchsuchen, die man streichen könnte, sollte erst einmal festgestellt werden, wo es grundsätzlich Möglichkeiten für einen politischen Konsens gibt: wo setzen wir Prioritäten, wo sehen wir Schmerzgrenzen? Wenn man sich da verständigt hat, ist der Rest immer noch schwierig, aber nicht mehr unmöglich zu lösen.

Wo sich solche Konsensmöglichkeiten abzeichnen, sollte die Verwaltung das Verfahren unterstützen und ausrechnen, wie sich Änderungen im Plan auswirken – für eine Fraktion allein läuft es sonst auf Kaffeesatzleserei heraus.

Zum Thema „Prioritäten und Schmerzgrenzen“ – aus Sicht der DKP sehen die Fragestellungen so aus:

Grundsätzlich: geht etwas Wichtiges „kaputt“, wenn wir Beträge streichen? Ein Beispiel: die DKP hat sich für den Arbeitskreis „Soziale Stadt“ stark gemacht. Wenn die 10.000 EUR, die dafür im Plan stehen, abgeplant werden sollten, kann der Arbeitskreis nach den bisherigen Erfahrungen trotzdem weiter arbeiten (bisher hat er noch kein Geld verbraucht).

Es arbeitet sich komfortabler, wenn Geld zur Verfügung steht. Aber um diesen Arbeitskreis zu erhalten, sollte kein Cent z.B. bei der Kinderbetreuung weggenommen werden. Die 10.000 EUR werden den Haushalt nicht retten – hier geht es aber erst mal um eine grundsätzliche Positionierung.

Betrachten wir die Liste der „Freiwilligen Leistungen“. Hier stehen schon jetzt keine „goldenen Wasserhähne“ drin, aber die DKP setzt hier klare Prioritäten: bei Kindergärten, der Schulkinderbetreuung oder dem Schwimmbad sollte es weder Kürzungen, noch Gebührenerhöhungen geben. Beim Internationalen Büro, „Jubiläen und Geburtstagen“ oder dem Kulturzentrum sehen wir das (auch als z.T. begeisterte Besucher des Kulturprogramms) anders. Welche Spielräume hier tatsächlich bestehen, kann aber nur die Verwaltung klar ermitteln.

Der „Rasenmäher“ (alles gleichmäßig abrasieren) ist die bequemste, aber schlechteste Lösung – keine Option für die DKP.

Es muss ausgelotet werden, ob ein Fehlbetrag im Haushalt auch hingenommen werden kann, falls ja: in welcher Höhe. Die umfangreichen Schreiben aus dem Innenministerium, die die Verwaltung zur Verfügung gestellt hat, sehen hier zumindest „auslegungsfähig“ aus.

Schon im Alten Testament steht ja geschrieben, wie man in den 7 guten Jahren 7 schlechtere finanziert hat. Die Meldungen in der Presse, nach denen es dem Gewerbe in Reinheim auch in diesem Jahr richtig prima geht, sollten seriös bewertet werden, um abzuschätzen, ob wir Mindereinnahmen auf Dauer zu erwarten haben, oder nur eine „Delle“, die voraussichtlich vorüber geht.

Der Bürgermeister hat es im Darmstädter Echo auf den Punkt gebracht: „Keiner will sich aus der Deckung wagen“. Dabei darf er seine SPD dann nicht außen vor lassen.

Friedrich Kammer