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Antifaschistischer Verein »Fulda stellt sich quer« ist auch der CDU ein Dorn im Auge. Ein Gespräch mit Andreas Goerke
Der antifaschistische Verein »Fulda stellt sich quer« hat sein Zentrum in der osthessischen Stadt verloren. Wie kam es dazu?
Das Haus, in dem unser Zentrum bislang war, stammt aus dem 17. Jahrhundert und muss kernsaniert werden. Wir hatten einen tollen Vermieter, der inhaltlich hinter uns stand, aber aus Sicherheitsgründen ist es dort nun zu gefährlich. Deshalb haben wir einen Mietvertrag für neue Räume unterschrieben, wo wir im August einziehen.
Wie wird das Zentrum finanziert?
Unsere 150 Mitglieder zahlen Beiträge von zwölf Euro pro Jahr; bei Veranstaltungen verkaufen wir Kaffee und Kuchen. Es wird gespendet: Mal gibt ein Azubi 50 Euro, was für ihn viel Geld ist, oder eine Firma überweist 1.000 Euro.
Stadt und Landkreis fördern den Verein nicht?
Stadt und Kreis Fulda sind CDU-regiert. Antifaschismus ist für sie gleich »Linksextremismus«. Dabei kommen unsere Mitglieder aus ganz verschiedenen Schichten, nicht nur aus der Linkspartei oder sozialen Bewegungen, sondern auch aus der bürgerlichen Mitte, darunter Landtagsabgeordnete von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Die CDU mag nicht, dass wir den Finger in die Wunde legen, indem wir etwa fordern, dass die Dr.-Danzebrink-Straße umbenannt wird. Der frühere Fuldaer Oberbürgermeister Franz Danzebrink war einst NSDAP-Mitglied. Klar haben wir einen anderen Anspruch als die CDU, was antifaschistischen Widerstand betrifft. Gegen den sogenannten III. Weg in Fulda machen wir nicht nur einen Infostand. 2019 hatten wir unsere Demonstration gegen diese militante, nach dem Vorbild der NSDAP strukturierte Kaderpartei nach der Auftaktkundgebung abgesagt und statt dessen angeregt, sie zu blockieren. Ein Erfolg. Tausende machten mit!
Wie rechts ist Fulda?
Auch wenn das viele nicht sehen wollen, sind Stadt und Region eine Hochburg der rechten Szene; mit der bundesweit stärksten Gruppe der »Identitären Bewegung«. Es gibt eine starke AfD, Kameradschaften, die NPD und versprengte Republikaner, die sich »Bürger für Osthessen« nennen. In den 1980er Jahren gab es hier Probleme mit dem Neonazi Michael Kühnen, der die »Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei« (FAP) und die »Wehrsportgruppe Werwolf« gründete.
Gibt es Bedrohungen gegen Sie persönlich oder das Zentrum?
Die NPD-Jugend hat uns mit ihren Plakaten die Scheiben zugekleistert. Ständig überzieht uns die AfD mit Strafanzeigen. Etwa als wir einen ihrer Mitarbeiter im Landtag als Teil der »Identitären Bewegung« mit Foto outeten. Insgesamt 10.000 Euro mussten wir wegen solcher Streitereien im Jahr 2019 aufbringen. Immer wieder werden wir denunziert. Beispiel: Ich sitze im Dönerladen, dessen Besitzer ein Mitglied von uns ist, im Hintergrund ist ein Spielautomat. Prompt behauptet jemand aus AfD-Kreisen in den sozialen Medien, ich sei spielsüchtig, würde Spenden und Beitragsgelder so ausgeben. Die Bevölkerung zeigt Solidarität mit uns. Aber auch für die CDU in Fulda ist unser Verein ein rotes Tuch. Sie ist auf den Zug der AfD aufgesprungen und setzte in der Debatte um einen »Extremismusbeauftragten« »Rechts- und Linksextremismus« gleich. Wobei es in der Region viele Übergriffe von extremen Rechten gibt; von links ist nichts bekannt.
Als gemeinnütziger Verein hatten wir festgelegt: Falls er aufgelöst werden müsste, sollte das Vereinsvermögen an die »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten« (VVN-BdA) übergehen. In diesem Punkt mussten wir die Satzung ändern, um unsere Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden. Man wollte uns wegen guter Kontakte zur VVN aus dem Bundesprojekt »Demokratie leben« ausschließen, worüber wir Geld für Lesungen, Konzerte etc. beziehen. Dabei stellt sich vielmehr die Frage, wie es die CDU mit dem von der AfD unterwanderten Hayek-Club hält.
Was plant Ihr Verein aktuell?
Wir werden uns auf Spurensuche nach Opfern des Faschismus begeben: in Fulda wurde nur zu den jüdischen geforscht, über kommunistische, homosexuelle, gewerkschaftlich oder kirchlich engagierte ist kaum etwas bekannt.
Quelle: Junge Welt, Ausgabe 15. Juli. Das Interview führte Gitta Düperthal