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Hessen: Autobahn durch Dannenröder Wald geplant. Bündnisse organisieren Widerstand. Ein Gespräch mit Kim Lauterbach
Gegen den lange geplanten Bau der A 49 in Hessen organisieren die Bündnisse »Autokorrektur« und »Wald statt Asphalt« Widerstand im Dannenröder Wald bei Stadtallenbach. Mit dabei sind unter anderem Aktive von »Fridays for Future Deutschland«, »Sand im Getriebe«, »Ende Gelände« und »Aktion Schlagloch«. Warum werden Sie erst jetzt aktiv?
Unsere Waldbesetzung gibt es bereits seit Herbst 2019. Aber wir haben jetzt ein breites Bündnis aufgebaut, weil wir davon ausgehen müssen, dass wir Ende September geräumt werden. Der Wald darf ab 1. Oktober gerodet werden. Er muss aber erhalten werden, denn gerade jetzt, in der Zeit von Dürreperioden und drastischen Folgen der Klimakrise, wäre es absurd, für den Bau einer Autobahn Bäume abzuholzen.
Kürzlich hat das Unternehmen Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH die Strabag Infrastrukturprojekt GmbH mit der Fertigstellung der Autobahn beauftragt. Es handelt sich um ein ÖPP-Projekt, eine sogenannte öffentlich-private Partnerschaft. Durch den Bau der A 49 wird das Trinkwasser in große Gefahr gebracht und ein unersetzlicher Naturraum zerstört.
Wie ist die Situation im Wald?
Noch ist alles gut, täglich entstehen neue Baumhausdörfer, Plattformen und Verbindungen zwischen den Bäumen. Wir haben Küchen und andere soziale Bereiche aufgebaut sowie Stellen, wo neu ankommende sich über alles informieren können. Jeden Tag kommen mehr Menschen, die uns unterstützen wollen. Allerdings wird es nun langsam stressiger, weil der Räumungstermin näher rückt. Vieles dreht sich um die Frage, wie wir uns auch dann noch gut versorgen können, wenn geräumt werden soll. Dazu gibt es Workshops und Diskussionen. Die Präsenz der Polizei nimmt derweil zu. Beamte kommen mit Pferden oder in Autos, um uns »einen Besuch« abzustatten. Neulich haben sie ohne Begründung Baumaterial beschlagnahmt.
Helfen die Erfahrungen beim Widerstand im Hambacher Forst?
Einige Aktivisten, die dort im Widerstand gegen die Rodung waren, bringen ihre Erfahrungen bei uns ein. Wir wissen, wie schlimm eine Räumung sein kann und wollen dafür sorgen, dass es solche Bilder nicht wieder geben muss. Aber letztlich liegt das nicht in unserer Verantwortung, sondern in der der Polizei.
Es gibt viele Orte, wo Natur und Klima gefährdet werden. Warum ruft jetzt im Dannenröder Wald so ein breites Bündnis zum Widerstand auf?
Wir sind auch solidarisch mit den Vertretern anderer Kampagnen, wie etwa »Grüne Lunge« in Frankfurt am Main, wo eine städtische Grünanlage den Plänen eines Immobilienkonzerns weichen soll, der dort die Wohnungspreise in die Höhe treibt. Der Dannenröder Wald ist ein Symbol für ein falsches Verkehrskonzept, das nicht mehr zeitgemäß ist. Mitten durch einen gesunden Mischwald mit Buchen und Eichen – Bäumen, die teilweise mehr als 300 Jahre alt sind – soll eine Autobahn gebaut werden. Wenn es so weitergeht, wird der Anstieg der gefährlichen CO2-Emmissionen nicht mehr aufzuhalten sein. Deshalb muss der Individualverkehr eingeschränkt werden und darf keinesfalls weiter ausgebaut werden.
Wieso war bisher vom Streit über diesen Autobahnbau über Hessen hinaus so wenig zu hören?
Der Ausbau der A 49, die Kassel mit Gießen verbinden soll, wird seit Jahrzehnten debattiert. Eine Bürgerinitiative, das »Aktionsbündnis Keine A 49«, kämpft bereits seit 40 Jahren dagegen. Für die lokale Bevölkerung ist das Thema also schon seit Jahren aktuell. Die hessische Landesregierung, eine Koalition von CDU und Bündnis 90/Die Grünen, befürwortet den Ausbau der A 49. Viele Grünen-Mitglieder kritisieren das allerdings.
Wir müssen unsere Gesellschaft jetzt verändern, damit wir weiter Zugriff auf die Ressourcen saubere Luft und sauberes Wasser haben. Die Zerstörung des Planeten muss aufhören. Darum geht es, und dafür setzen wir uns ein.
Kim Lauterbach ist Waldbesetzerin im Dannenröder Wald