Hier informieren wir regelmäßig über Aktivitäten der Kreise und des Bezirks.
Der Magistrat wird gebeten, im Gedenken an die Antifaschistin und Trägerin der Goldenen Ehrennadel der Stadt Gießen, Ria Deeg, eine sichtbare Ehrung vorzunehmen und in der Plockstraße, wo bereits andere Gießener Persönlichkeiten geehrt werden, eine Stele mit der Nachbildung ihres Kopfes zu errichten.
Auch der Widerstand von Ria Deeg, die wie keine andere Frau in Gießen unter Einsatz ihres Lebens gegen Faschismus und Krieg kämpfte und dafür ins Zuchthaus gesperrt wurde, soll hiermit gewürdigt werden.
Begründung:
Dieser Antrag war vor 10 Jahren von der Linksfraktion schon einmal gestellt und mit den Stimmen der damaligen Koalition – CDU/Grüne/FDP – abgelehnt worden; SPD und Bürgerliste hatten zugestimmt.
2015 beschloss der Magistrat, diesmal unter Führung der SPD, ein Gesetz, nach dem Ehrungen erst 20 Jahre nach dem Tod vorgenommen werden dürfen.
Im August dieses Jahres jährte sich der Todestag von Ria Deeg zum 20. Mal – und der Antrag kann erneut gestellt werden.
Ria Deeg war eine über die Grenzen Gießens hinaus bekannte Antifaschistin und Kommunistin, die in der Zeit des Faschismus das bessere Deutschland vertrat. Sie leistete von Beginn an aktiven Widerstand gegen Faschismus und Krieg. Unter Gefahr für Leib und Leben stellte sie Flugblätter her, die sie mit ihren Kameraden in gefährlichen Aktionen verteilte, um die Menschen über die Verbrechen der Nazis aufzuklären, sie aufzurütteln und vor dem sich abzeichnenden 2. Weltkrieg zu warnen. Ria Deeg wurde verhaftet und 1935 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Auch anschließend war sie der Repression der Nazis ausgesetzt. – Nach der Befreiung vom Faschismus beteiligte sie sich am demokratischen Aufbau und war lange Zeit Leiterin der Betreuungsstelle für politisch, rassisch und religiös Verfolgte in Gießen.
Im Auftrag des SPD/Grünen Magistrats überreichte OB Manfred Mutz ihr 1987 in einer Feierstunde die Goldene Ehrennadel, nach der Ehrenbürgerschaft die höchste Auszeichnung der Stadt. In seiner Rede hob er „ihren unermüdlichen Einsatz für Menschlichkeit, Anstand und politische Moral“ hervor.
Seinen Glückwünschen schlossen sich die Vertreter von CDU, FDP, SPD und der Grünen an.
Bis ins hohe Alter war sie geschätzte Referentin und geehrte Zeitzeugin, die ihre Erfahrungen auf Einladung vielen Schulklassen in Gießen und darüber hinaus den Jugendlichen vermitteln und mit ihnen diskutieren konnte.
Oberbürgermeister Haumann (CDU) sagte in seiner Rede anlässlich der Widerstandsfeier am 20. Juli 2007, in der er auch an den 100. Geburtstag von Ria Deeg erinnerte: „Mit der heutigen Veranstaltung gedenken wir all jenen, die nicht wegschauten, und erinnern an die, die wachsam blieben, ja – sogar aktiv Widerstand gegen das Naziregime leisteten…“
Das Leben von Ria Deeg ist Anlass, diese mutige Frau in Erinnerung zu behalten, und durch eine entsprechende Ehrung der Jugend als Vorbild darzustellen. In der Plockstraße werden bereits andere bedeutende Antifaschistinnen mit einer Stele und der Nachbildung ihres Kopfes geehrt:
* die Professorin Margarete Bieber, die 1933 von den Nazis entlassen wurde, und in die USA emigrieren musste,
* die Pädagogin Hedwig Burgheim, die nach zahlreichen Repressionen 1943 von den Faschisten verhaftet, nach Auschwitz transportiert und dort ermordet wurde, sowie
* die in der Frauenbewegung engagierten und dem antifaschistischen Widerstand in der Bekennenden Kirche zugehörende Dr. Agnes von Zahn-Harnack.
Eine Stele ist die angemessene Form der Würdigung auch von Ria Deeg – ohne sie, der mutigen Kämpferin gegen Faschismus und Krieg, ist dieses Ensemble unvollständig.
Michael Beltz