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Rodungen in Hessen: Verantwortung für Bau der A 49 liegt bei Grünen-Minister Al-Wazir. Ein Gespräch mit Torsten Felstehausen
Torsten Felstehausen ist umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Hessischen Landtag
Die Kämpfe um den Erhalt des Dannenröder Waldes sind noch nicht lange her. Nun konstatiert Die Linke Hessen, Teile der Rodung für den Weiterbau der Autobahn 49 dort seien nicht genehmigt – und somit illegal gewesen. Worum geht es genau?
Wir gehen konkret in drei Bereichen davon aus, dass Fällungen nicht vom Planfeststellungsbeschluss gedeckt sind. Erstens wurden an der bereits gerodeten Trasse entlang rund 20 Bäume gefällt, um sie zu verbreitern. Damit ist jetzt Schluss. Auch deshalb, weil die Rodungen am 1. März grundsätzlich aus naturschutzrechtlichen Gründen bis Oktober gestoppt werden müssen. Zweitens plant die Deges, die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, ein Betonmischwerk in einem Waldgebiet zu errichten, wofür künftig weitere Bäume werden fallen müssen. Das sei zwar nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens, hieß es, müsse es aber nicht sein, weil es sich nur um eine temporäre Einrichtung handele. Was wir für absurd halten. Fällt man Bäume, sind die weg – egal, wie lange das Betonwerk anschließend stehen mag. Drittens geht es um die geplante Verlegung einer Stromtrasse im Maulbacher Wald, auch diese Maßnahmen sind nicht im Beschluss enthalten.
Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir, Bündnis 90/Die Grünen, behauptet, mit all dem nichts zu tun zu haben. Am 2. Februar beantwortete er im Landtag Ihre Frage hierzu, »für den Bau und somit die Durchführung der Rodungen« sei seit dem 1. Januar die BRD zuständig, vertreten durch die »Autobahn-GmbH des Bundes«.
Genau das stimmt nicht. Tarek Al-Wazir war und ist für die Planfeststellung und Ausführungsüberwachung des Baus der A 49 zuständig. Das Bundesverkehrsministerium beantwortete am 2. März eine Anfrage der Linke-Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig: Die Planfeststellung von Bundesautobahnen sei unter anderem auch in Hessen den nach Landesrecht hierfür zuständigen Behörden belassen – auch nach dem 1. Januar. Somit ist das Versteckspiel des hessischen Verkehrsministers beendet, mit dem er versuchte, sich aus der Verantwortung zu ziehen.
Brisant ist, dass er offensichtlich den Landtag und die Öffentlichkeit hierzu monatelang bewusst falsch informiert hat. Die Überwachung der Arbeiten, ob das Planungsrecht eingehalten wird, ist hoheitliche Aufgabe und kann nicht an eine GmbH übergeben werden, weder an die Deges, noch an die Autobahn-GmbH des Bundes. Nun ist Licht im Verantwortungsdickicht. Es kann nicht sein, dass solche Entscheidungen im rechtsfreien Raum geschehen.
Das Aktionsbündnis »Keine A 49!« hat jetzt einen Anwalt mit einer Anzeige und einer Dienstaufsichtsbeschwerde beauftragt, weil für die Fällungen zur Verbreiterung der Trasse keine Genehmigungen bestanden habe. Was könnte daraus folgen?
Es ist zu hoffen, dass daraus resultierend die notwendige Sensibilität einkehrt, künftig keine Bäume mehr rechtswidrig zu fällen.
Kann sich das auf den Weiterbau der A 49 auswirken?
Auf den Planungsstand wird es unmittelbar keine Auswirkungen haben. Vermutlich wird festgestellt werden, dass nicht jeder mit einer Motorsäge in den Wald rennen kann, um illegal Bäume zu fällen. Zu klären wird sein, wer wann im Verkehrsministerium darüber informiert wurde. Und weshalb wurde daraufhin nicht rechtzeitig reagiert? Es kann nicht sein, dass im Fall von Beschwerden keine zuständige Stelle erreicht werden kann, die die administrative Macht hat, rechtswidrigem Treiben ein Ende zu setzen. Tarek Al-Wazir muss Rodungen außerhalb der Planfeststellung aufklären und die Verantwortung übernehmen.
Was bedeutet das für die Umweltschutzbewegung?
Sie wird weiterhin alles tun, um den Autobahnausbau zu stoppen, und versuchen, umweltschonende Alternativen vorzuschlagen. Immerhin wird sich jetzt nicht mehr das absurde Schauspiel fortsetzen, dass niemand in der Verantwortung steht. Der Skandal ist, dass weder das hessische Verkehrsministerium, noch das Umweltministerium Veranlassung gesehen haben, für die Einhaltung des Naturschutzes einzugreifen.
Junge Welt vom 5.3.21. Das Interview führte Gitta Düperthal