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Kommunalwahlen in Hessen: Die Linke laut Trendergebnissen stabilisiert. Grüne punkten mit Klimathemen. Ein Gespräch mit Jan Schalauske

Bislang gibt es nur Trendergebnisse der Kommunalwahlen am Sonntag in Hessen. Kumulierte und panaschierte Stimmen, die auf Personen setzen, werden später ausgewertet. Die Linke hat demnach selbst in Städten wie Marburg oder Frankfurt nicht hinzugewinnen können. Kein Grund zu feiern, oder?

Nach den vorläufigen Ergebnissen bleibt Die Linke in Hessen eine stabile politische Kraft, mit der zu rechnen ist. In Städten wie Marburg und Kassel konnten wir zweistellige Ergebnisse holen, in Offenbach um die neun Prozent, Frankfurt knapp acht, Darmstadt etwa sieben. Wir haben das Ergebnis von 2016 bestätigen können, auch wenn wir bei Kommunalwahlen insgesamt schwächer abschneiden als bei Landtags- und Bundestagswahlen.

Womit hängt das aus Ihrer Sicht zusammen?

Viele Wählerinnen und Wähler der Linken wollen, so wie wir auch, Dinge grundsätzlich ändern: den Sozialstaat wiederherstellen, Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden, Waffenexporte stoppen. Das wird nicht in den Kommunen entschieden.

Der Einsatz vor Ort für soziale Gerechtigkeit wird aber durchaus belohnt. Es gab Zeiten, in denen es gar keine linke Partei gab, die bei kommunalen Wahlen so stark war. Das hat sich geändert. Zudem treten auf lokaler Ebene zahlreiche kleinere Listen aus dem linken Spektrum an.

In ländlichen Gebieten fällt auf, dass FDP oder Freie Wähler teilweise mehr Stimmen gewinnen konnten. Hat Die Linke nicht auf die richtigen Themen gesetzt?

Vereinzelt konnten wir dort auch gewinnen, in Wetter über zehn Prozent, in Neu-Eichenberg oder Wanfried mit fast acht Prozent. Die Linke hat die soziale Frage in den Mittelpunkt gestellt und sich für bezahlbaren Wohnraum eingesetzt, für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit Perspektive Nulltarif, für eine Verkehrswende in den Städten und die Anbindung im ländlichen Bereich: alles Themen, die auch die Wählerinnen und Wähler in Stadt und Land bewegen.

In anderen Teilen der Republik gibt es Bürgermeister und Landräte der Linken – weshalb nicht in Hessen?

Der Aufbau im Westen bleibt eine permanente Aufgabe. Wir haben in den vergangenen Jahren Mitglieder hinzugewonnen, konnten kommunale Wahlergebnisse halten. Klar ist noch Luft nach oben. Wir wollen auch unsere Verankerung in außerparlamentarischen Bewegungen, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen und Recht-auf Stadt- sowie Klima-Bewegungen weiter ausbauen.

Warum konnten Ihrer Meinung nach Bündnis 90/Die Grünen punkten, Die Linke dagegen kaum?

Ich glaube, dass Die Linke in Hessen als entschiedene Stimme gegen rechts wahrgenommen wird und als Kraft, die sich für die Deckelung der Mieten einsetzt. Viele scheinen zu glauben, dass die Grünen Antworten auf die Klimakrise haben. Es ist die Aufgabe der Linken zu verdeutlichen, dass sie letztlich nur einen Kapitalismus mit grünem Anstrich wollen. In ihrer Regierungsverantwortung haben sie einen Planungsdinosaurier wie die Autobahn 49 gegen die Proteste der Klimabewegung durchgesetzt. Wer die soziale und ökologische Frage zusammendenkt, hat in Die Linke den richtigen Ansprechpartner. Wir setzen uns dafür ein, dass der energetische Ausbau nicht zu Lasten von Mieterinnen und Mietern geht und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit Preissenkungen bis zum Nulltarif erfolgt. Mobilität etwa muss für alle gewährleistet sein.

Im Fall der »Grünen Lunge« in Frankfurt am Main mussten die Grünen erst von ihrer Basis gezwungen werden, deren Erhalt zu verteidigen. Das Abholzen im Dannenröder Wald für den Autobahnbau inklusive brutalem Polizeieinsatz gegen Aktivisten geschah unter »grüner« Ägide. Warum konnten Sie davon nicht profitieren?

Die Grünen reiten auf einer Welle. Viele glauben, sie würden Maßnahmen für den Klimawandel und die ökologische Nachhaltigkeit unternehmen, obwohl sie, wo sie regieren, oftmals das Gegenteil davon tun.

Ist Die Linke also nicht sichtbar genug?

Trotz Corona haben wir einen engagierten Straßenwahlkampf mit Aktionen gemacht, beispielsweise vor dem Sitz von Biontec für die Freigabe von Impfstofflizenzen. Wir konzentrieren uns nun auf die bevorstehende Bundestagswahl. Es wird darum gehen, dass die Coronakosten nicht auf breite Teile der Bevölkerung abgewälzt werden.

(Junge Welt, 16. März 2021. Das Interview führte Gitta Düperthal)