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AfD-Bundesparteitag in Wiesbaden: Bündnis mobilisiert zu Protesten im Dezember. Ein Gespräch mit Lisa Hofmann

Die AfD plant ihren Bundesparteitag für den 11. und 12. Dezember in Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden. Ein Zusammenschluss von Organisationen will gemeinsam mit »Aufstehen gegen Rassismus« und dem Wiesbadener »Bündnis gegen rechts« gegen das Treffen protestieren. Tragen Sie so nicht dazu bei, dass diese Partei Aufmerksamkeit bekommt?

Nein. Medien halten die AfD ohnehin ständig im öffentlichen Diskurs – zumal sie im Bundestag vertreten ist, in Wiesbaden ihren Parteitag abhalten und die Vorsitzenden neu wählen wird. Unsere Aufgabe ist es, klar Stellung zu beziehen. Erstmals seit dem deutschen Faschismus von 1933 bis 1945 besteht wieder die Gefahr, dass eine Partei hierzulande eine Massenbasis für eine völkische Ideologie gewinnt. Da können wir nicht einfach nur zuschauen.

Das Bündnis konstatiert, dass die AfD der parlamentarische Arm des rassistischen und rechten Terrors ist und sich mit Hass und Hetze als Brandstifterin betätigt. Woran machen Sie diese Verbindung fest?

Die AfD bereitet gemeinsam mit anderen den Boden für die Radikalisierung rechter Attentäter. Das schlägt bisweilen um in antisemitische und rassistische Verbrechen: zum Beispiel am 9. Oktober 2019 beim versuchten Massenmord an Juden in der Synagoge in Halle; oder am 19. Februar 2020, als acht Hanauer Bürger und eine Bürgerin mit Migrationshintergrund von einem Neonazi ermordet wurden; oder beim tödlichen Angriff auf einen Tankstellenkassierer in Idar-Oberstein, wo am 18. September dieses Jahres ein junger Mann erschossen wurde, weil er den Täter zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte. Letzterer hatte in den sozialen Medien kein Geheimnis aus seinen Sympathien für die AfD gemacht.

Die Positionen dieser Partei zu sozialen und ökologischen Fragen, aber auch zur Coronapandemie seien nicht nur existenzbedrohend für einige Gruppen, sondern für uns alle, sagen Sie.

Die AfD leugnet den menschengemachten Klimawandel. Dabei behauptet sie, mit ihren Positionen die Interessen der »kleinen Leute« zu vertreten. Allerdings sieht ihr Renten- und Sozialprogramm eine klare Umverteilung von den Armen zu den Reichen vor. Die Partei macht sich zugleich mit der Bewegung der Coronaleugner gemein, ihre Kader reihen sich in die »Querdenker«-Proteste ein. Erika Steinbach, ehemalige CDU-Abgeordnete, neuerlich Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, fällt immer wieder mit absurden Verschwörungserzählungen auf. In besonders widerlichen Posts im Internet spekulierte sie etwa über die Herkunft des Coronaimpfstoffs und bediente sich abwegiger Mythen. Leider ist das keine Satire, sondern ernst gemeint.

Könnte sich die Stimmungsmache der AfD im Bundestag verändern, wenn ihr eine »Ampel«-Regierung gegenübersitzt und sie nicht mehr die größte Oppositionsfraktion ist?

Von diesem Status konnte die Partei während der letzten Legislatur sicher profitieren. Ich bezweifle, dass eine neoliberale Politik unter einer »Ampel«-Regierung ihr den Boden für ihre Hetze entziehen wird. Diese Partei wird sich weiterhin gegen die Fiktion einer »linksgrün versifften Republik« wenden. Wenn die Grünen mitregieren, wird sie in gewohnter Manier laut krakeelen.

Sie befürchten weitere Rechtsverschiebungen im öffentlichen Diskurs, die sich nur schwer wieder rückgängig machen lassen. Was sollte man dem entgegenhalten?

Regierung und Parlament müssen eine klare Linie ziehen: Wer faschistische Ideologien verbreitet, hat den Boden des demokratischen Diskurses verlassen. Angesichts der 2022 bevorstehenden Landtagswahlen darf die AfD kein Dauergast in Talkshows und Podiumsdiskussionen sein. Taucht sie aber irgendwo auf, werden wir uns ihr mit lautem Protest entgegenstellen. Deshalb mobilisieren wir schon jetzt bundesweit für Demonstrationen gegen den Bundesparteitag der AfD.

(aus: Junge Welt, 27.10.21. Das Interview führte Gitta Düperthal)