Hier informieren wir regelmäßig über Aktivitäten der Kreise und des Bezirks.
Am 28. Januar 1972, vor genau 50 Jahren, führte Kanzler Brandt, SPD, der vorgab, „mehr Demokratie wagen“ zu wollen, zusammen mit den Ministerpräsidenten der Länder die Berufsverbote ein. Betroffen waren vor allem Kommunisten, aber auch Sozialdemokraten und andere Linke. Millionen Menschen wurden bespitzelt und verfolgt, tausende Verfahren durchgeführt und hunderte Lehrer, Lokführer, Postler… entlassen bzw. nicht eingestellt.
Während Betroffene bis heute um ihre Rehabilitierung und Wiedergutmachung streiten, nimmt die neue SPD-geführte Bundesregierung unter dem Deckmantel „mehr Fortschritt wagen“ zu wollen Kurs auf neue Berufsverbote. Im Koalitionsvertrag von SPD/Grüne/FDP steht auf Seite 9: „Um die Integrität des Öffentlichen Dienstes sicherzustellen, werden wir dafür sorgen, dass Verfassungsfeinde schneller als bisher aus dem Dienst entfernt werden können.“
Und auf Seite 104: »Die in anderen Bereichen bewährte Sicherheitsüberprüfung von Bewerberinnen und Bewerbern weiten wir aus und stärken so die Resilienz der Sicherheitsbehörden gegen demokratiefeindliche Einflüsse.«
Da soll wohl wieder der Verfassungsschutz verstärkt aktiv werden, der in den letzten Jahren immer wieder Schlagzeilen mit seinen Verflechtungen in die Nazi-Szene, mit Verstrickung in Terroranschläge, „Gedächtnisverlusten“, und Vertuschung machte. Der NSU-Mord an Halit Yozgat im April 2006 in einem Kasseler Internetcafe, bei dem Verfassungsschützer A. Temme anwesend war, konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Ministerpräsident Bouffier ließ die Akten für 120 Jahre unter Verschluss versinken. Erst auf Druck der Öffentlichkeit und 134.000 Unterschriften für die Forderung nach Offenlegung reduzierte er die Frist auf 30 Jahre.
Und unter der Bouffier-Regierung durfte der Verfassungsschutz bereits vor wenigen Jahren bei Vorgesetzten eines Kommunisten im öffentlichen Dienst Auskunft über dessen „Verfassungstreue“ verlangen.
Dass diese Richtlinien keineswegs für Nazis und terroristische „Gefährder“ gemacht sind, liegt auf der Hand. Sie werden auch mit keinem Wort erwähnt. Auch zur Bekämpfung der Waffenhorter, Drohbriefeverfasser und Hassverbreiter und anderer kriminellen Machenschaften reichen Grundgesetz und die konsequente Anwendung des Strafgesetzbuchs.
Es geht auch hier wieder nicht gegen sog. „Verfassungsfeinde“, sondern gegen demokratischen Widerstand gegen die Politik der Ampel, die – wie ihre Vorgänger – den Interessen des Kapitals dient.
Foto: Podiumsdiskussion gegen Berufsverbote im März 1983 im DGB-Haus. Von links: Mario Berger, Axel Brück, Egon Momberger (alle vom Berufsverbot betroffen), Prof. Helmut Ridder (Jurist), Burckhard Maletzki (DPG) – nicht mehr im Bild – Manfred Coppik (Rechtsanwalt) und Jörg Fey (GEW).
Michael Beltz