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Vor 40 Jahren wurde das Hüttendorf der Gegner der Frankfurter Startbahn West geräumt. Gespräch mit Christiane Böhm

Am 2. November jährte sich zum 40. Mal die Räumung eines Hüttendorfs, das Gegner des Flughafenausbaus in Frankfurt am Main errichtet hatten. Zehntausende waren damals gegen die sogenannte Startbahn West aktiv. Was ist davon geblieben?

Als der Flörsheimer Wald für den Flughafenausbau gefällt wurde, waren große Teile der Bevölkerung in den Widerstand involviert. Als Reaktion auf die Räumung des Hüttendorfs am 2. November 1981 besetzten Schülerinnen und Schüler den Bahnhof Groß-Gerau-Dornberg. An einem Hungerstreik beteiligten sich Menschen, die ansonsten der CDU nahestanden. Es war der Beginn einer großen Umweltbewegung. Der Rhein-Main-Flughafen breitete sich wie ein Krake aus. Doch nicht in dem Ausmaß, wie die Fraport AG es beabsichtigt hatte: Das Abholzen der Bäume verzögerte sich durch ständig neue Hürden und Beschwerden.

Wo engagieren sich heute die, die damals Widerstand leisteten?

Viele der Menschen, die damals ihre Ausbildung oder ein Studium absolvierten und protestierten, sind heute noch politisch aktiv. Angelika Lange-Etzel war am 11. Oktober 1981 dabei, als die Polizei brutal auf 10.000 Demonstrierende einknüppelte. Heute ist sie in der Anti-AKW-Bewegung und rät jungen Leuten, nicht darauf reinzufallen, wenn die Atomindustrie sich »grün zu waschen« versucht. Der Wiesbadener Arzt Michael Wilk engagierte sich im Bündnis der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau. Er organisiert noch immer häufig Demos. Aktiv sind auch der heute über 80jährige Rudi Hechler, Exstadtverordneter der DKP in Mörfelden-Walldorf sowie der damalige Lehrer Knut Dörfel, der mit Kollegen abseits vom Hüttendorf eine Sanitätsstation organisierte.

Sie selbst haben Nachfolgebewegungen gegen den Flughafenausbau im Kelsterbacher und im Treburer Wald begleitet. Weshalb gelang es nicht, eine ähnliche Resonanz in der Öffentlichkeit zu erreichen wie damals?

Die tödlichen Schüsse auf zwei Polizeibeamten im Flörsheimer Wald 1987 lähmten die Bewegung. Als 2008 die Nordwestlandebahn gebaut werden sollte, stemmten sich Waldbesetzerinnen und -besetzer erneut gegen die Pläne. Mit der Massenbewegung von früher war das aber nicht vergleichbar. 2009 räumte die Polizei Baumhäuser im Kelsterbacher Wald. Wieder wurde ein Naherholungsraum vernichtet. Nachdem Kanzlerin Angela Merkel 2011 die Landebahn eröffnet hatte, betraf der davon ausgehende Fluglärm nicht nur Hessen, sondern auch Rheinland-Pfalz. Studien belegten, welche Gesundheitsgefährdung er darstellt. Der Schutzstatus des Treburer Walds, als Bannwald und damit als wichtig für Klima und Luftreinhaltung klassifiziert, wurde für den Flughafenausbau aufgehoben. Waldbesetzung und Montagsdemos folgten.

Ist der Widerstand heute zu brav, nach dem Motto: Hauptsache, über meinen Vorgarten wird nicht geflogen?

Nein, die Bewegung gegen die Verlärmung hat sich vergrößert. Zugleich propagierte Fraport den Airport aber als »Jobmaschine«. Die Existenz vieler Familien ist davon abhängig. Menschen wollten sich nicht der eigenen Einkommensquelle entledigen, indem sie sich gegen Umweltgefahren engagieren. Dieses Argument macht uns von der Linken und den Flughafenbürgerinitiativen wütend. Meist handelt es sich um sehr prekäre Jobs bei Subunternehmen, wo Beschäftigte mit Hartz IV aufstocken müssen.

Wie wird es weitergehen?

»Fridays for Future« und andere junge Bewegungen entdecken das Thema. Die Coronakrise verzögerte zwar den weiteren Ausbau, Fraport hält aber am Konzept fest, obwohl die behauptete Nachfrage und Zunahme des Flugverkehrsaufkommens nie erfolgte. Man setzt auf Billigflieger. Dagegen muss gemeinsamer Widerstand von Beschäftigten, Umweltaktivisten und den umliegenden Kommunen des Airports erfolgen, auch von Frankfurt und Mainz. Wir fordern die neue Bundesregierung auf, Flüge nicht mehr zu subventionieren und statt dessen die Bahn zu fördern.

(aus: Junge Welt, 5.11.21. Das Interview führte Gitta Düperthal)

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Voraussetzung für erfolgreiche Kommunalpolitik ist Kenntnis und eine gute Verankerung.

100 Tage nach den Kommunalwahlen in Hessen sprachen wir mit Alfred J. Arndt über das Geheimnis des guten Abschneidens der DKP/Linke Liste und kommunistische Kommunalpolitik in Mörfelden-Walldorf.

UZDie Ergebnisse der letzten Kommunalwahlen haben die Mehrheitsverhältnisse in Mörfelden-Walldorf massiv verändert. Welche Vorgeschichte hat dieser „Machtwechsel“?

Alfred J. Arndt, Jahrgang 1949, ist heute Rentner, früher war er als Speditionskaufmann und Übersetzer tätig. 1971 wurde er Mitglied der DKP, seit 2006 sitzt er für die DKP/LL im Magistrat von Mörfelden-Walldorf.

Alfred J. Arndt: Bei der vorhergehenden Kommunalwahl 2016 hatte sich eine neue Wählergruppe, die Freien Wähler, gebildet, deren führende Mitglieder überwiegend aus dem Banker- und Börsenmakler-Milieu stammen. Ihr Wahlkampf wurde recht populistisch geführt und von einer Werbeagentur unterstützt, hinter der – so wird gemunkelt – Interessen aus dem Bereich der Grundstücksspekulation stehen. Sie erreichte aus dem Stand 22,76 Prozent der Stimmen, zu Lasten der vorherigen Koalition von SPD und Grünen.

Die SPD, 2016 mit 26,57 Prozent immer noch knapp stärkste Partei, schwenkte recht schnell – nach Alibi-Gesprächen mit Grünen und DKP/LL – zu der „neuen Kraft“ um und bildete mit Hilfe der FDP als „Zünglein an der Waage“ eine Koalition, in der sie jedoch bald an Einfluss verlor und zum Erfüllungsgehilfen der ausgeprägt neoliberalen Politik ihrer Koalitionspartner wurde.

UZWoran machst du das fest?

Alfred J. Arndt: Die „Markenzeichen“ dieser Koalition waren unter anderem die Erhöhung der Grundsteuer B, die Erhöhung anderer Gebühren, der Versuch, eine Straßenanliegergebühr einzuführen, und der Versuch, die „Grüne Mitte“ zur Bebauung freizugeben. Dabei handelt es sich um das noch immer grüne, unbebaute, mittlerweile teilweise bewaldete Landschaftsstück zwischen den beiden Teilstädten Walldorf und Mörfelden. Gegen alle diese Vorhaben bildeten sich breit aufgestellte, einflussreiche Bürgerinitiativen, die allesamt von der DKP/LL unterstützt wurden.

Der Startschuss für das „Zusammenwachsen“ der beiden Stadtteile – im Interesse der in den Startlöchern stehenden Grundstücksspekulation – sollte 2017 gegeben werden, indem man die Zusammenlegung der Feuerwehrgerätehäuser beider Feuerwehren an einem Standort zwischen den zwei Stadtteilen betrieb, als „Pilotprojekt“, wenn man so will. Das wurde sowohl von der großen Mehrheit beider Wehren als auch von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt und durch einen Bürgerentscheid Ende 2018 zu Fall gebracht.

Das Fass zum Überlaufen brachte dann die 2019 bekannt gewordene Kostenexplosion der notwendigen Erneuerung und Erweiterung der Kläranlage von anfangs 10 Millionen auf Stand heute 55 Millionen Euro. Das war unkontrollierten Fehlplanungen im Verantwortungsbereich des 1. Stadtrates von den Freie Wählern geschuldet, wobei auch immer noch ein starker, bislang jedoch noch unbewiesener Korruptionsverdacht im Raum steht. Auch hier gab es eine rührige Bürgerinitiative, die die Unterstützung der DKP/LL genoss.

Die seit 1946 sowohl in Mörfelden als auch in Walldorf dominierende SPD – damals mit absoluter Mehrheit, seit den 80ern als stärkste Partei mit wechselnden Koalitionen – bekam einen ersten Warnschuss, als bei den Bürgermeisterwahlen im März 2019 ihr Bürgermeister abgewählt und durch einen Grünen ersetzt wurde – der erste nicht der SPD angehörende Bürgermeister seit 1945. Die SPD zog aber daraus keine Konsequenzen. Sie blieb stur bei ihrem Schulterschluss mit den mittlerweile in der Volksgunst arg gesunkenen Freien Wählern.

UZWie wirkte sich das bei der letzten Wahl aus?

Alfred J. Arndt: Die Quittung für die SPD kam dann mit der Kommunalwahl im März 2021, bei der sie 7 Prozentpunkte verlor, die FDP knapp 1 Prozent, und die Freien Wähler sich halbierten – sie haben jetzt sogar 1 Prozent weniger als die von ihnen so gehassten Kommunisten.

Die Grünen hingegen fuhren ein Erdrutschergebnis ein und stiegen von 11,47 Prozent auf 30,46 Prozent. Auch die DKP/LL wurde von dieser „grünen Welle“ kollateral geschädigt und verkleinerte sich von 13,85 Prozent auf 11,45 Prozent.

Dieser grüne Erdrutsch ist zum einen der politischen „Großwetterlage“ geschuldet – Fridays for Future hatte sicher einen Einfluss.

Weitere Faktoren waren das Bestreben der Wähler, dem grünen Bürgermeister eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung zu verschaffen, um ihm die Handlungsfreiheit zu geben, die er von März 2019 bis März 2021 nicht hatte, sowie der Versuch vieler SPD-Stammwähler, ihre Partei zur Ordnung zu rufen, indem sie demonstrativ die Grünen wählten.

UZ: Sind die Grünen vor Ort verlässliche Partner für eine umweltbewusste Politik?

Alfred J. Arndt: Nein. Ihre Umweltpolitik orientiert sich an den jeweils modernen Themen des grünen „Mainstreams“, und besteht vornehmlich in der „Klimarettung“, der forcierten „Elektromobilität“, und dem mittlerweile auch in der Bürgerlichkeit angekommenen Bau von Radwegen. Die Mehrzahl ihrer Mitglieder stammt nicht aus Mörfelden und Walldorf. Sie haben wenig Bezug zu den örtlich gewachsenen Strukturen. Alle örtlichen Initiativen zu Schutz und Erhaltung von Wald- und Grünflächen gingen und gehen von der DKP aus.

So erklärt es sich, dass der Auguststurm des Jahres 2019, der ein Drittel des Waldbestandes der Stadt zerstört hat, nicht zu einer Politik der Aufforstung geführt hat, die die profitorientierten Maßnahmen von HessenForst in Frage stellt und über sie hinausgeht. Ein großes Areal, das zur Ersatzaufforstung für den bevorstehenden weiteren Waldverlust durch die geplante Intercity-Stecke Frankfurt-Darmstadt und die Verbreiterung der B 486 zwischen Mörfelden und Langen hätte genutzt werden können, war von der alten Koalition aus SPD, FW und FDP zur Ansiedlung eines Logistikzentrums von ALDI freigegeben worden, das jeden Tag von bis zu 700 Lkw angefahren werden soll – mit Zustimmung der zu diesem Zeitpunkt noch „oppositionellen“ Grünen. Diese Zustimmung gründete sich unter anderem auf ein Planungsdetail, das die Verkleidung eines 30 Meter hohen vollautomatischen Regallagers mit Naturholz und seine Begrünung mit Kletterpflanzen vorsieht.

Dazu kommt das Versagen des grünen Bürgermeisters aus der Zeit März 2019 bis März 2021, als er noch gegen die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung regieren musste. Er hätte die von der Mehrheitskoalition durchgeboxte Vergabe von Aufträgen für 15 Millionen Euro, die auf der überteuerten Fehlplanung der Kläranlage beruhten, unter Berufung auf sein Beanstandungsrecht verhindern können. Für die Einwohner bedeutet der ungehinderte Weiterbau der Anlage auf Grundlage der Fehlplanungen praktisch eine Verdopplung der Abwassergebühren auf um die 5 Euro pro Kubikmeter, was Mörfelden-Walldorf in die Spitzengruppe in Hessen katapultieren würde.

UZWas macht eine kommunistische Kommunalpolitik aus?

Alfred J. Arndt: Zunächst die Erfüllung von vier wichtigen Voraussetzungen:

  • Gute Kenntnis der Stadt, ihrer Struktur, ihrer Geschichte, ihres Umlandes, ihrer Bevölkerung, ihrer Vereine und „Lokalmatadoren“, einschließlich der ausländischen beziehungsweise migrantischen „Communities“ und ihrer Einrichtungen;
  • gute Kenntnis der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten und Verhältnisse, ihrer Strukturen und ihrer Schlüsselfiguren;
  • gute Kenntnis der grundlegenden Programmatik der Kommunistischen Partei und der ihrer Bruderparteien, um diese auf lokale Verhältnisse „herunterbrechen“ und umsetzen zu können;
  • und gute Kenntnis der gastronomischen Einrichtungen, die von der arbeitenden Bevölkerung und den Migranten frequentiert werden, viel freie Zeit und Trinkfestigkeit.

„In my book“, wie die Amerikaner sagen, besteht kommunistische Kommunalpolitik darin, anhand der überschaubaren Strukturen und Gegebenheiten einer Gemeinde aufzuzeigen, dass bürgerliche Parteien Sachwalter des Großkapitals und seiner Regierungen sind und die Interessen der Einwohner, insbesondere der arbeitenden Bevölkerung, weder vertreten können noch wollen.

Ansatzpunkte liefert besonders die Haushaltspolitik, mit der man gut zeigen kann, dass es eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben gibt, und der Einwohner, der schon reichlich Steuern bezahlt hat, viele Dinge in Form von Gebühren und lokalen Abgaben noch einmal zahlen muss, weil von seinen Steuern bei der Kommune wenig ankommt. Dazu kommen die verschiedenen Bemühungen der Landesregierung, über die einfache Haushalts-Überwachungsfunktion der Kreisbehörden hinaus zusätzliche Kontrollmechanismen aufzubauen, die es ihr ermöglichen, das verbriefte Selbstbestimmungsrecht der Städte und Gemeinden auszuhebeln, ein direktes finanzielles Diktat über die Finanzen der Gemeinden auszuüben und sie dazu zu nötigen, entweder auf „freiwillige Leistungen“ wie Schwimmbäder, Sportplätze oder Bürgerhäuser zu verzichten oder dafür überhöhte Gebühren zu fordern.

Dabei wird mit dem demagogischen Argument der „defizitären Gemeindehaushalte“ gearbeitet und den Einwohnern suggeriert, die Haushaltsdefizite der Städte und Gemeinden seien Schuld der jeweils lokal regierenden Figuren und Parteien und keine strukturelle, im Grunde beabsichtigte Eigenschaft des Systems der Staatsfinanzen. Das ist einfach dadurch zu zeigen, dass (zumindest in Hessen) so gut wie alle Städte und Gemeinden einen defizitären Haushalt haben, unabhängig davon, welche Parteien jeweils die örtliche Mehrheit haben.

Entscheidend ist aber auch, dass man als Kommunistin oder Kommunist in der Bevölkerung verankert ist. Dabei hilft es natürlich, in einer Stadt zu leben, die schon eine kommunistische Tradition hat, und zur „Ureinwohnerschaft“ zu gehören, so dass sich die oft gestellte Frage „Wem bist‘n du?“ – hochdeutsch: „Aus welcher eingesessenen Familie stammst du?“ – einfach und zufriedenstellend beantworten lässt.

Allerdings bringt das auch Nachteile: Die Bevölkerung von Mörfelden ist von 6.400 Einwohnern im Jahr 1946 auf 16.600 im Jahr 2015 gestiegen, die von Walldorf im gleichen Zeitraum von 5.400 auf 18.000. Der überwiegende Teil des Zuwachses war zunächst Zuzug aus anderen Regionen Deutschlands, später aus aller Welt. Die „Ureinwohner“ sind heute deutlich in der Minderzahl, was sich in der Struktur von Partei und Fraktion nicht widerspiegelt. Dort haben sie nach wie vor eine große Mehrheit.

UZWie sieht eure Verankerung bei den „Neubürgern“ eurer Stadt aus aus?

Alfred J. Arndt: Wir verfügen zwar auch in Neubauvierteln, die fast ausschließlich von „Zugereisten“ bewohnt werden, über Stimmenanteile von 5 bis 10 Prozent, was – so nehmen wir an – hauptsächlich unserem Wahlkampf im Internet geschuldet ist, haben aber kaum „Verwurzelung“ in der dortigen Bevölkerung. In der Altstadt von Mörfelden kommen wir hingegen auf Stimmenanteile um 25 Prozent. Mittlerweile ist es so, dass unser Fraktionsvorsitzender Gerd Schulmeyer, wenn er in der Stadtverordnetenversammlung eine „Brandrede“ hält und dabei über kurz oder lang in den lokalen Dialekt verfällt, von gut der Hälfte der Stadtverordneten nicht mehr verstanden wird, was noch vor 25 Jahren undenkbar gewesen wäre.

Im heutigen Mörfelden-Walldorf wohnen auch wegen der unmittelbaren Nähe zum Flughafen Frankfurt über 100 Nationalitäten, wovon Türken und Kurden den höchsten Anteil stellen. Der hohe Ausländeranteil von 23 Prozent widerspiegelt sich ebenfalls nicht in der Mitgliedschaft von Partei und Fraktion. Wir waren schon mal besser. Zwar weist unsere Kommunalwahl-Liste einen Ausländeranteil von 17 Prozent auf, das waren sechs von 34 Kandidierenden, aber keiner von ihnen ist Mitglied der DKP geworden und keiner wurde „hochkumuliert“ und hat ein Mandat errungen.

UZWie setzt ihr die Ansprüche an eine kommunistische Kommunalpolitik in der DKP/Linke Liste um?

Alfred J. Arndt: Die DKP/Linke Liste umfasst per Definition „Kommunisten, Sozialisten und andere Menschen, deren Herz links schlägt“.

Kernstück der Öffentlichkeitsarbeit ist die monatlich erscheinende Ortszeitung der DKP „blickpunkt“, die in einer Auflage von 16.000 Exemplaren in fast alle Briefkästen der Stadt gelangt und bei jedem monatlichen Erscheinen in beiden Stadtteilen an einem Informationsstand vorgestellt wird. Dazu hat die DKP eine Internetseite, die im Wesentlichen spezifisch kommunistische Inhalte veröffentlicht. Zusätzlich hat die Stadtverordnetenfraktion DKP/Linke Liste eine eigene Seite, die sich im Wesentlichen auf kommunale Themen aus der Stadtverordnetenversammlung konzentriert. Dazu pflegen wir Kontakte mit den örtlichen bürgerlichen Blättern.

UZWie ist die Arbeitsweise der DKP/LL?

Alfred J. Arndt: Wir treffen uns regelmäßig mittwochs, wobei alle Mandatsträger eingeladen sind, dazu alle, die auf der Kommunalwahlliste kandidiert hatten, und Sympathisanten und Freunde. Diese Fraktionssitzung findet normalerweise in einem Versammlungszimmer im Rathaus statt, seit der zweiten Corona-Welle vorübergehend als Video-Schalte über Zoom. Die Teilnehmer sind fast immer alle Mandatsträger und je nach Thema zwischen zwei und zehn Listenkandidatinnen, -kandidaten und Freundinnen beziehungsweise Freunde. Quelle der Tagesordnung sind die Beschlussvorlagen für die Stadtverordnetenversammlung und ihre Ausschüsse, weitere Themen, die in den lokalen Medien eine Rolle spielen und/oder aus der Bevölkerung an uns herangetragen werden, Initiativen, die sich aus der Politik der DKP, gelegentlich auch der Linkspartei ergeben, und Ideen und Anregungen der Anwesenden.

Aus der Debatte entstehen politische Anträge und Anfragen an die Stadtverordnetenversammlung, Stellungnahmen zu den Anträgen und Anfragen anderer Parteien, Redebeiträge und Planung des Vorgehens in der Stadtverordnetenversammlung und ihren Ausschüssen, Aktionen, Infostände und kleine Demos, Beiträge für den „blickpunkt“, Presseerklärungen und andere Materialien.

(aus: UZ, 2.7.21. Das Interview führte Werner Sarbok)

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Wir müssen aufpassen!

Ja, es geht um Corona. Während wir diese Zeilen schreiben lesen wir, es gibt wieder mehr Corona-Kranke in der Stadt. Gerade deshalb gibt es diese Überschrift. Viele hatten geglaubt, das Virus schleicht sich davon. Sie haben sich getäuscht. Wir brauchen den täglichen Warnungen nichts hinzuzufügen.

Wir müssen aufpassen.

Nicht nur bei Covid 19. Wir müssen aufpassen! Wer Zeitungen liest, ist erstaunt über die Entwicklung der „politischen Kultur“ in unserer Stadt. Da ziehen der 1. Stadtrat Ziegler (Freie Wähler) und der ehrenamtliche FDP-Stadtrat Seinsche per Presse über den gewählten Bürgermeister u.a. her. Es fallen Begriffe wie „Diskussion ohne Fachwissen“. Das Vorgehen „ihres Chefs“, wird in den Zeitungen mit „großem Befremden und Unverständnis“ verfolgt. Interne Ansichten werden nur aus ihrer Sicht vorgetragen. Das gab es noch nie. Man hat das Gefühl, hinter jeder Ecke im Rathaus steht einer, um dem Bürgermeister eine Falle zu stellen. Ziegler und Seinsche sind aber selbst kommunalpolitische Anfänger, ihr Vorgehen belegt jedenfalls ein eigenartiges Demokratieverständnis. Zurückhaltung wäre angesagt.

Wir müssen aufpassen!

Auch andere bekommen von dieser Seite aus dem Rathaus ihr Fett weg. So der „blickpunkt“, die Bürgerinitiative „Kläranlage“ u.a.: Zwei Mitglieder der Bürgerinitiative sehen sich mit einer Vorladung wegen Hausfriedensbruchs konfrontiert, weil sie sich am Rande eines Pressegesprächs der DKP/LL auf dem Gelände der ehemaligen Kläranlage und jetzigen Pumpstation in Walldorf aufgehalten hätten – bei weit geöffnetem Tor. Der Vorsitzende der DKP Mörfelden-Walldorf, Gerd Schulmeyer, bekam eine Strafanzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung. Auch so etwas gab es früher nie.

Wir müssen aufpassen!

Es gibt Themen in unserer Stadt, die die Menschen interessieren, weil sie betroffen sind: Wie weiter mit Erneuerung und Ausbau der Kläranlage? Das Thema spiegelt sich seit Wochen in der Berichterstattung der Lokalzeitungen. Das Thema ist Stadtgespräch, weil die Kosten mittlerweile die 50-MillionenMarke überschritten haben. Die befürchtete Abwassergebührensteigerung wäre „Hessenrekord“. Die DKP/LL, der „blickpunkt“, eine Bürgerinitiative haben viel recherchiert, verlangen Aufklärung. Die DKP/LL stellte in der Stadtverordnetenversammlung einen ausführlich begründeten Antrag auf Stopp von Planung und Auftragsvergaben, dem weitere Anträge der Grünen und der CDU folgten. Die Rathauskoalition aus SPD, FW und FDP schmetterten diesen Antrag ab. Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung des Bauausschusses hatte die Rathauskoalition bereits eine Auftragsvergabe im Wert von rund 15 Millionen Euro beschlossen. Während das zuständige Ingenieurbüro im Bauausschuss eine lange Powerpoint-Präsentation zur „Erläuterung“ seiner überteuerten Planung zeigen konnte, wurde es Vertretern der BI „Abwasser MW“ sowohl im Ausschuss als auch in der Stadtverordnetenversammlung verwehrt, ebenfalls als „Sachverständige“ zu sprechen. Der Erste Stadtrat Burkhard Ziegler von den „Freien Wählern“ brachte es fertig, im Plenum einen „Sachstandsbericht“ abzugeben, in dem keine Fakten, Daten und Zahlen vorkamen, sondern nur Beleidigungen der Bürgerinitiative und der Oppositionsparteien. Er warf der DKP/LL vor, „strafrechtlich relevante“ Handlungen im Zusammenhang mit dem Brief eines „Whistleblowers“ begangen zu haben. Mit der Veröffentlichung der durch Fachleute überprüften Kernaussagen dieses Briefes war es der DKP gelungen, die Missstände rund um die Kläranlage publik zu machen. Wie es bei diesem Thema weitergehen wird ist noch unklar. Sicher hilft öffentlicher Druck. Im März 2021 ist Kommunalwahl. Es kann sich was bewegen, wenn richtig gewählt wird!

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Der Stadtrat Alfred J. Arndt kandidiert für die „DKP/Linke Liste“ zum Bürgermeister im hessischen Mörfelden-Walldorf. Wie er dazu kommt und wie er die Wahl gewinnen will, verrät er im Interview.

UZ: Du willst Bürgermeister von Mörfelden-Walldorf werden. Warum?

Alfred J. Arndt: Wenn man die Kraft hat, dem bürgerlichen Lager einen Kandidaten entgegenzustellen, dann soll man die nutzen. Außerdem gibt es noch eine satirische Antwort: Die Sozialdemokratie wirft uns in der Stadtverordnetenversammlung immer vor, wir würden nur Opposition betreiben und keine Verantwortung übernehmen. Jetzt habe ich ihnen angeboten, die Verantwortung zu übernehmen. Das gefällt ihnen aber auch nicht.

UZ: Mit welchen Forderungen geht ihr in die Bürgermeisterwahl?

Alfred J. Arndt: Es gibt ein 10-Punkte-Programm, das umfasst die Dauerbrenner. Zum Beispiel sozialer Wohnungsbau, den die Stadt 40 Jahre verschlafen hat. Nachdem fast alle bebaubaren Gebiete – hauptsächlich mit nicht sozialem Wohnungsbau – bebaut sind, versucht man, die letzten Grünflächen zu opfern. Das führt zu Problemen. Die Stadt Mörfelden-Walldorf ist eine doppelte Stadt. Mit der hessischen Gebietsreform von 1974/75 wurden die beiden Städte fusioniert. Sie sind ungefähr gleich groß, jede etwas über 17000 Einwohner. Dazwischen liegt ein Grüngebiet, das jetzt Begehrlichkeiten weckt. Noch sind viele der Flächen Landschaftsschutzgebiete, und das gesamte Gebiet unterliegt einer Siedlungsbeschränkung durch die Lärmschutzgesetzgebung. An einer Aufweichung dieser Lage wird jedoch gearbeitet, die Spekulation hat begonnen. Wir machen die Gratwanderung und sagen: Dieses Grüngebiet darf nicht angetastet werden, trotzdem soll die Stadt sozialen Wohnungsbau betreiben.

UZ: Kann das die Stadt überhaupt noch selbst entscheiden?

Alfred J. Arndt: Die Gemeindeselbstverwaltung, die von der hessischen Gemeindeordnung im Paragraph 2 festgelegt wird, wird von allen Seiten unterwandert. Die Gemeinden sind unter-ausgestattet. Hessen gehört zu den Schlusslichtern der Bundesländer. Es wird getrickst und geschoben, mit Umlagen, Zuweisungen, Fördermitteln. Die klare Regelung, dass die Kommune einen festen Bestandteil der Steuereinnahmen erhält, ist hinten und vorne ausgehöhlt. Gewerbesteuer fließt unregelmäßig, ein reines Lotteriespiel. Die Haushalte sind kaum noch so aufstellbar, dass das Regierungspräsidium sie genehmigen kann und will. In der Regel ist die Haushaltsgenehmigung an einen Katalog von Leistungskürzungen und Gebührenerhöhungen gekoppelt. Mit diesem Hebel – Nicht-Genehmigung des Haushaltes – ist im Grunde genommen die Regierungsgewalt auf das Regierungspräsidium und auf das Innenministerium übergegangen. Das stellen wir immer in den Vordergrund und sagen, die Einwohner sollen nicht nur ihre Stimme abgeben, sondern sich einmischen.

UZ: Einfach gefragt, gibt es Erfahrungen, die das untermauern?

Alfred J. Arndt: Die Stadt Mörfelden-Walldorf ist ein Paradebeispiel dafür, dass es möglich ist, sich gegen Beschlüsse der Obrigkeit aufzulehnen. Wenn man in die Geschichte geht, ist Startbahn-West noch ein Begriff, den man bundesweit kennt. Aber es gab auch jede Menge erfolgreiche lokale Erhebungen. Es gab große und erfolgreiche Bewegungen gegen die Erhöhung der Grundsteuer oder gegen die Einführung von Straßenanliegergebühren. Vor kurzem gab es eine gegen die Zusammenlegung der beiden Feuerwehrstützpunkte der Stadt im besagten Grüngebiet. Das wurde durch einen Bürgerentscheid abgewendet.

UZ: Wie wollt ihr den Wahlkampf bestreiten?

Alfred J. Arndt: Unsere Mittel sind gering. Allerdings ist die DKP in Mörfelden-Walldorf recht gut in der Öffentlichkeit verankert. Wir haben gemeinsam mit Mitgliedern der Partei „Die Linke“ und parteilosen Menschen die Liste „DKP/Linke Liste“ aufgestellt. Die ist seit drei Legislaturperioden in der Stadtverordnetenversammlung vertreten. Nach der letzten Kommunalwahl 2016 mit 6 Stadtverordneten von 45 und mit einem Stadtrat im 12-köpfigen Magistrat. Die bürgerlichen Lokalblätter müssen uns daher ernst nehmen. Die regionale „Frankfurter Neue Presse“ zum Beispiel hat einen sehr umfangreichen Lokalteil, der spezifisch auf die einzelnen Gemeinden abgestimmt ist. Sie berichtet kein Sterbenswörtchen von kommunistischen Aktivitäten in Städten und Gemeinden, in denen die Partei nicht in der Stadtverordnetenversammlung vertreten ist, aber sehr ausführlich über unsere Aktivitäten in Mörfelden-Walldorf. Also eine reine Machtfrage. Weiter gibt es die traditionelle Lokalzeitung „Freitagsanzeiger“, und es gibt ein kostenloses Anzeigenblatt, das uns sehr viel Platz einräumt, weil es (und damit seine Werbekunden) mehr Aufmerksamkeit erhält, wenn kontroverse Positionen vertreten werden.

UZ: Welche Materialien wirft die „DKP/Linke Liste“ in den Ring?

Alfred J. Arndt: Es gibt den „blickpunkt“, den die Kommunistische Partei seit 1969 selbst herausgibt. Er erscheint monatlich mit fast 16000 Exemplaren und kommt in so gut wie jeden Briefkasten. Wir nützen klassische Werbemittel wie Plakate, machen aber auch einen breiten Wahlkampf im Internet. Die DKP hat eine örtliche Homepage (dkp-mw.de), die Stadtverordnetenfraktion DKP/LL hat eine Facebook-Seite, die sehr gut angenommen wird. Daneben gibt es noch einen Twitter-Account, und ich habe als Kandidat eine eigene Homepage (alfred-j-arndt.de). Und es gibt viele lokale Internetangebote, die wir mit unseren Inhalten bestücken. Geplant ist jetzt ein Flyer, der die aus Ländern der EU stammenden Einwohner in ihren Sprachen ansprechen soll. Lokalpolitiker sprechen oft und gerne von „Bürgerinnen und Bürgern“. Dabei übersehen sie, dass nicht alle Menschen, die in einer Gemeinde wohnen, volle Bürgerrechte haben. Deswegen sprechen wir lieber von Einwohnern, denn wir machen Politik für alle Menschen, die hier leben und arbeiten. Das gilt für Ausländer, die überwiegend der Arbeiterklasse angehören. Sie haben kein Wahlrecht, zahlen aber Steuern und Gebühren. Eine kleine Ausnahme sind Staatsangehörige von EU-Ländern. Sie haben wenigstens das kommunale Wahlrecht.

UZ: Wie hoch schätzt du deine Chancen bei der Bürgermeisterwahl ein?

Alfred J. Arndt: Das ist sehr schwer zu bestimmen. Vor sechs Jahren hat Gerd Schulmeyer (DKP) kandidiert und bei drei Bewerbern 11,7 Prozent gekriegt. Vor zwölf Jahren waren es 11,9 Prozent bei fünf Bewerbern. Es gibt jetzt vier Kandidaten. Der Amtsinhaber Heinz-Peter Becker (SPD) hat sich unbeliebt gemacht. Die SPD hat nach der letzten Kommunalwahl eine mögliche Koalition mit Grünen und der „DKP/Linke Liste“ sabotiert. Es gab Vorgespräche, aber die wurden grundlos abgebrochen. Dann wurde verkündet, dass man mit den „Freien Wählern“ und der FDP koalieren werde. Die Freien Wähler sind neoliberal ausgerichtet; ihre Frontleute im Wesentlichen Bankleute aus Frankfurt. Die wollen die Stadt wie einen Konzern führen. Das kommt in der Bevölkerung nicht gut an. Das Potenzial, das jemand anderen wählen möchte als den Amtsinhaber, ist groß. Es verteilt sich aber auf drei Kandidaten, einen von der CDU, einen von den Grünen und mich.

Das Gespräch führte Christoph Hentschel. (aus: UZ vom 1. März 2019)

Das 10-Punkte-Programm der DKP/Linke Liste zur Bürgermeisterwahl am 24. März Mörfelden-Walldorf ist bunt und die Stadt der Vielfalt. Das soll sie bleiben.

  • Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung
  • Mehr Geld für die Kommunen/Keine weitere Belastung der Einwohner mit neuen Gebühren
  • Zukunft Mörfelden-Walldorf – Stadtentwicklung/Gestaltung für die Einwohner und mit den Einwohnern, gegen neoliberalen Größenwahn à la „Waldfelden“
  • Bezahlbares Wohnen ermöglichen/Sozialer Wohnungsbau in städtischer Regie (Evtl. Interkommunale Wohnungsgenossenschaft gründen)
  • aber nicht zu Lasten von geschützter Natur und Grünflächen
  • Erweiterung der Kläranlage – seriös und nachvollziehbar/keine Akzeptanz ständig steigender Kosten bei städtischen Großprojekten
  • Feuerwehrstandorte – Schnelle Umsetzung des Bürgerentscheides in enger Zusammenarbeit mit den beiden Feuerwehren.
  • Die ehrenamtliche Arbeit stärken, Vereine stärken/Kürzungen zurücknehmen
  • Gesundheitliche Versorgung langfristig gestalten und sichern/modernes Ärztezentrum; neue Ärzte gewinnen
  • Kinderbetreuung ausbauen/Randzeitenbetreuung auch in Zukunft erhalten
  • Kein weiterer Ausbau des Flughafens
  • Nachhaltiges Denken und Handeln – echtes Nachtflugverbot

 

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Was stinkt hier eigentlich?

Die Erweiterung der Kläranlage ist momentan ein großes Thema. Die massive Kostensteigerung bei der Sanierung der Kläranlage und ein anonymes Schreiben werden breit diskutiert.

Was auch immer in der Kläranlage los ist – wir sind nicht bereit, die ständig wachsenden Kosten bei kommunalen Großbauten zu akzeptieren.

Allen diskutierten Vorwürfen über eine nicht ausreichende Kontrolle der Kostenentwicklung muss nachgegangen werden. Im Juli 2016 hieß es: das kostet 26,7 Millionen – jetzt spricht man von 38 Millionen Euro und jeder weiß es, es werden mehr als 40 Millionen.

Wir stellten im Januar-„blickpunkt“ viele Fragen. Damals wußten wir noch nicht, was anschließend eintrat. Wir haben dann, wie andere, ein anonymes Schreiben erhalten, in dem bemerkenswerte Einzelheiten über den Kläranlagen-Betrieb berichtet wurden.

Natürlich, anonyme Schreiben muss man mit „spitzen Fingern“ anfassen. Kann es doch auch einmal sein, es ist Mobbing oder eine persönliche Abrechnung im Spiel. Aber es wurde deutlich, da schreibt ein „Insider“. Da muss man doch Aufklärung fordern. Deshalb und weil es um Millionen geht, die wir letztlich alle bezahlen müssen, hat die DKP/LL-Fraktion einen Akteneinsichtsausschuss beantragt.

Er wird kommen. Wenn er möglichst schnell eingerichtet wird und er den Zugang zu allen – aber auch allen Akten hat – gibt es Chancen zu klären, was an den im Raum stehenden Vorwürfen dran ist.

Bis dahin sollte das Thema ruhig und sachlich behandelt werden. Wir wissen: Eine Kläranlage kann schnell zu einem Millionengrab werden. Viele Kommunen in der früheren DDR haben bis heute daran zu knabbern, dass smarte Vertreter ihnen überdimensionierte Kläranlagen angedreht haben. Das trifft hoffentlich bei uns nicht zu. Wenn man natürlich an neue große Baugebiete zwischen Mörfelden und Walldorf denkt, kann eine Planung mit sehr hoher Kapazität sinnvoll sein. Es gibt also viele offene Fragen, die man beantworten muss. Vor allem Planung und Kontrolle sind da wichtig.

Die Stadtspitze reagiert nervös, lenkt ab, versucht es mit falschen Behauptungen. Allerdings gab es nach der teilweise Veröffentlichung des bekannt gewordenen anonymen Schreibens einen regelrechten „ShitStorm“. Das kann man verstehen. Die Leute sind zu recht verärgert.

(aus: Blickpunkt, Ausgabe Februar)

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Diskussionen bei jeder Zusammenkunft, Infostände, Flugblätter, Plakate, Unterschriftensammlungen. Die DKP/Linke Liste hatte zu einer öffentlichen Aktion mit Gesprächen, Informationen und einer Fotoausstellung vor dem Mörfelder Rathaus eingeladen.

Die DKP/LL will die Aussetzung des Beschlusses zum Bau des zentralen Feuerwehrhaus, will dann gemeinsame Alternativen und Kompromisse finden. Geli Tuzcu Stadtverordnete der DKP/LL und jüngste Vertreterin im Ältestenrat der Stadt Mörfelden-Walldorf: „Ich bin auf die Erfahrungen und den Rat der Fachleute angewiesen. Und das sind eben die Feuerwehrleute, die seit Jahren vor Ort ihren Dienst leisten und unsere Sicherheit garantieren. Was ich weiß, so wie in dieser Thematik mit der Feuerwehr umgegangen wurde, ist nicht die Art und Weise, wie ich mir Politik vorstelle. Wer so mit Menschen und Vereinen umgeht, der tritt das Ehrenamt mit Füssen. Der trägt dazu bei, dass sich die Bürger von der Politik nicht ernst genommen fühlen“.

Dietmar Treber: „Noch im November war von Bürgermeister Becker zu hören, dass er nur gemeinsam mit den Feuerwehren eine Entscheidung suche und hat sich klar für den Erhalt der beiden Standorte ausgesprochen. Doch Anfang des Jahres wurden alle Empfehlungen und Erkenntnisse von Experten und Fachleuten ignoriert. Auf Drängen der Freien Wähler wurden schließlich alle Sachentscheidungen bei Seite gewischt und eine politische Entscheidung, für einen zentralen Standort der Feuerwehr getroffen“ und so fügte Treber hinzu, „die SPD samt Bürgermeister sind umgefallen und auf eine andere Linie umgeschwenkt“.

Wir erwarten jetzt aus dem Rathaus ein starkes Signal in Richtung Feuerwehr. Wir sagen: Setzt den Beschluss für ein neues Feuerwehrhaus aus. Kommt zurück zu einem Miteinander. Nur so kann eine neue, tragfähige und für alle zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Dazu sollte schnellstens eine Stadtverordnetensitzung einberufen werden, um die Weichen dafür zu stellen.

 

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Am 26. September 1968 – es war ein Donnerstag – gab es den ersten Schritt an die Öffentlichkeit. Im Frankfurter Restaurant „Kanne“ stellten Kurt Bachmann, Kurt Erlebach, Sepp Mayer, Ludwig Müller und Georg Polikeit die neue Partei DKP vor.

Am Sonntag, 29. September 1968 – drei Tage später – gründeten wir in einer Mörfelder Gaststätte einen Ortsausschuss der DKP. Ein wichtiger Neubeginn. Bis dahin gab es bei uns nur auf Wachsmatritzen geschriebene und in einem Kohlenkeller gedruckte Blätter der illegalen KPD.

Als wir im November 1969 zum ersten Mal den „blickpunkt“ herausbrachten betraten wir Neuland. Auf den ersten 12 Seiten (noch DIN A5) brachten wir Berichte über den Ärztemangel und das US-Munitionsdepot in unserem Wald. Wir forderten ein Jugendzen­trum und berichteten über ein Bürgerkomitee gegen neue Nazis.

Das Prinzip – die „große“ und die „kleine“ Politik zu behandeln – haben wir durchgehalten. Heute ist gerade die Februar-Ausgabe vor der Fertigstellung – Nummer 566.

Der „blickpunkt“ gehört zur Stadt

Auf unserer Webseite (dkp-mw.de) kann man alle Ausgaben seit 1969 lesen. Die Leserinnen und Leser bekommen dabei einen Einblick in die Stadtgeschichte. Es ist eine Geschichte von links, die auch für Neubürger interessant ist.

Der „blickpunkt“ – die Zeitung der DKP für Mörfelden-Walldorf – versteht sich als außerparlamentarische Begleitung der DKP/LL-Fraktion im Stadtparlament unserer Stadt mit unseren heute sieben Mandatsträgern, die zum Teil parteilos, sich bemühen als Kommunisten aufzutreten.

Unsere Zeitung kommt in fast jedes Haus. Wir drucken regelmäßig acht Seiten DIN A 4 und monatlich 15 500 Exemplare.

Finanziert wird die Zeitung im Wesentlichen durch unsere Mandatsträger, die ihre Sitzungsgelder dafür zur Verfügung stellen. Wir erhalten aber zunehmend und sehr oft Spenden von interessierten Leserinnen und Lesern.

Von Fall zu Fall sagen es auch die politischen Konkurrenten: Der „blickpunkt“„ ist die kleine Zeitung mit großer Wirkung! Oder wie es der ehemalige Bürgermeister B. Brehl ausdrückte: Der „blickpunkt“ ist eine Institution in unserer Stadt. Gefreut hat uns kürzlich die Aussage einer Frau: „Der ‚blickpunkt’ ist schon eine Kultzeitung.“

Routine und lange Erfahrung

Wer die einzelnen Ausgaben am Bildschirm durchblättert, der merkt, wie sich die Technik rasant entwickelt hat. Früher am Leuchttisch gebastelt – heute schneller, aktueller und genauer am Computer.

Im Stadtteil Mörfelden wurde die „blickpunkt“-Idee geboren – aber auch im Stadtteil Walldorf wurden bis zum Januar 1990, 175 eigene Ausgaben herausgegeben. Es gab in den Jahren wenige Layoutänderungen – am Inhalt hat sich nichts geändert.

Mit der Zeitung bereiten wir die Stadtverordnetensitzungen vor und bearbeiten sie nach. Ganz wichtig: Wir stellen jede Ausgabe in Mörfelden und Walldorf an einem Infostand vor. Die Gespräche mit den Menschen sind nicht zu ersetzen.

Eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Im Zeitungskopf steht: Zeitung der DKP. Aber er ist schon immer mehr als eine Parteizeitung.

Im „blickpunkt“ kann man vieles nachlesen, was in unserer Stadt und ihren Stadtteilen in den letzten vierzig Jahren passiert ist. Und dazu vieles, was die Geschichte der Stadt und ihre Arbeitertraditionen betrifft. Stadtgeschichte eben. Ich will vor allem auch auf die letzte Seite hinweisen. Hier gibt es seit vielen Jahren das Foto „Stadtgeschichte“ und eine Beschreibung, die intensiv gelesen und besprochen wird und die uns mit vielen Leserinnen und Lesern verknüpft.

Aber was wäre die Zeitung ohne die, die organisieren, den Versand erledigen, die Zeitung zu den Austrägern fahren, und natürlich ohne die Austrägerinnen und Austräger, von denen manche parteilos oder bei der Partei „Die Linke“ sind.

Publikationen helfen uns auch selbst

Wenn wir heute unsere Artikel in alten „blickpunkt“-Ausgaben lesen, merken wir: wir haben wenig geschrieben, was wir heute korrigieren müssten. Selbst die „schwierigen“ Zeiten 1989/90 konnten wir gut bewältigen.

Immer noch gut zu lesen unsere Begleitung der Startbahn/West-Auseinandersetzungen und unser Einsatz in der Friedensbewegung. Bemerkenswert unsere Begleitung über viele Monate bei Erhöhungen der Grundsteuer B oder der Einführung von Straßenbeiträgen.

Ganz wichtig: Mit der monatlichen Herausgabe der Zeitung und unserer anderen Publikationen (www.dkp-mw.de/publikationen) helfen wir uns auch selbst. Wir lernen richtig zu schreiben. Wir helfen, damit Faschismus nicht vergessen wird, dass antikapitalistische Gedanken sich vermehren.

15 500 Monatsauflage! Unser monatlicher Beweis: Hier gibt es die DKP.

Unsere Öffentlichkeitsarbeit zeichnet allerdings kein realistisches Bild unserer Organisation. Auch wir in Mörfelden-Walldorf haben unsere großen Organisations- und Überalterungsprobleme. Aber immerhin steht fast jeden Tag der Name DKP/LL in den „bürgerlichen“ Zeitungen die hier erscheinen.

Natürlich: Wir müssen auf der Grundlage unseres Programms eine politische Alternative entwickeln, die mehrheitsfähig wird in der Bevölkerung. Aber daran müssen wir alle arbeiten. Das heißt vor allem auch, alle in unserer Partei mitzunehmen.

Hauptinhalte greifen wir ständig auf: die Forderungen nach Frieden, sozialer Sicherheit, Umweltschutz, mehr Demokratie, Antifaschismus, Bildung, Kultur. Verengungen und Sektierertum dürfen nicht sein. (Bei einer Zeitung die sich an die „Leute vor Ort“ wendet, wäre das sowie so nicht zu machen.)

So wollen wir jedenfalls weiter auftreten. Wir haben dazu eine Verpflichtung. In unserem Zeitungstitel steht: Zeitung der DKP Mörfelden-Walldorf.

 

Von Rudi Hechler

UZ-Ausgabe vom 2. Februar 2018

 

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Am 19. Dezember 2017, kurz vor Weihnachten, gab es eine Stadtverordnetenversammlung, deren Ergebnisse wir spüren werden. Neben den in der Bevölkerung breit abgelehnten Straßenbeiträgen kam die Erhöhung der Abwassergebühren auf die Tagesordnung. Der erneute Griff in die Taschen der Einwohner wurde mit der Mehrheit der Stadtkoalition beschlossen.

In der „großen“ Politik wird seit Jahren beklagt, dass wir in einem reichen Land leben, sich aber immerzu die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet. Man nennt es auch Umverteilung von unten nach oben. Vor Ort wird die gleiche Politik vollzogen. Viele Stadtverordnete, auch Sozialdemokraten, wissen von dieser Umverteilung.

Als es um den sogenannten Schutzschirm ging, hat es die SPD-Spitze richtig formuliert und wir wiederholen es gern: „Der Schutzschirm ist ein mieses und erpresserisches Spiel der

Landesregierung“, meinte Thorsten Schäfer-Gümbel, und Gerold Reichenbach (damals SPD-MdB) sagte: „Praktisch wird beim Schutzschirm nur Geld von unten nach oben verschoben.“ Das alles stimmt und es gilt auch für die gesamte Entwicklung in unserer Stadt in den letzten Jahren. Dazu gehören die Einführung der Straßenbeiträge und die ständigen Erhöhungen kommunaler Abgaben, die im Parlament unserer Stadt erfolgten.

Wir meinen: Es reicht! Die Stadt hat noch keinen neuen „Sozialbericht“ vorgelegt. Er wird aber belegen: Die Armut macht um unsere Stadt keinen Bogen. Wer die Berichte aus der hiesigen „Speisekammer“ zur Kenntnis nimmt, wer weiß, wie die Stimmung in unserer Stadt ist, hätte als Abgeordneter, der seinen Wählern verpflichtet sein sollte, zu dem neuen Griff in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger nur „Nein“ sagen dürfen.

Die Bürgeraktion „Gemeinsam gegen Straßenbeiträge“ in Mörfelden-Walldorf hat fast 2600 Unterschriften gesammelt und übergeben. Es gab Proteste im großen Saal des Bürgerhauses. Seit den Zeiten, als es um die Startbahn/West ging, gab es kein Thema, das den Saal so füllte.

Gelernt haben die Verantwortlichen nichts. Sie ignorierten die Unterschriften und drückten die Straßenbeiträger durch. Und obendrauf noch die Kanalgebührenerhöhung. Es gab nicht ein entgegenkommendes Zeichen an die Bürgerinnen und Bürger. Es gab keinen Versuch, auf die Vorschläge der Bürgeraktion einzugehen. Auch keinen Gedanken, mit der Rüsselsheimer SPD solidarisch zu sein. Man hat neue Abgaben beschlossen, von denen keiner weiß, wie hoch sie ausfallen werden.

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Fast 120 Besucher kamen zur Veranstaltung „Nein zur Straßenbeitragssatzung“. Im Bürgertreff musste die Trennwand zum Nebenraum geöffnet werden, viele Stühle wurden hereingetragen.

„Wir sollten wachsam sein, es kann teuer werden“, sagte Stadtverordneter Dietmar Treber zur Begrüßung. Hermann Schaus, Landtagsabgeordneter und parlamentarischer Geschäftsführer der Linken im hessischen Landtag und Gerd Schulmeyer, DKP/LL-Fraktionsvorsitzender saßen mit im Podium.

Es gab eine kämpferische Stimmung. Dietmar Treber: „Man muss jetzt aktiv werden und Protest organisieren.“ In Mörfelden-Walldorf soll die Beitragssatzung noch in diesem Jahr eingeführt werden. Damit müssten sich die Einwohner finanziell an Straßengrundsanierungen beteiligen.

Bei Nichteinführung setzt die Landesregierung die Kommunen unter Druck und will über das Regierungspräsidium die Haushalte nicht genehmigen. Das ist eine politische Erpressung, die es so noch nicht gab. Hermann Schaus berichtete, die Landesregierung dränge die Kommunen dazu, Investitionen für Sanierungen auf möglichst viele Bürger umzulegen und das Geld über eine jährliche Gebühr einzuziehen. Es sei wichtig, es im größeren Zusammenhang zu sehen: Das Land verlagere immer mehr Aufgaben und Ausgaben auf die Kommunen, denen dann nichts anderes übrig bleibe, als sich das Geld von den Bürgern zu holen.

Mit „wiederkehrenden“ Beiträgen wolle man Widerstände aus der Bevölkerung klein halten, ergänzte Gerd Schulmeyer. Diese Variante sei auf den ersten Blick weniger schmerzhaft da kleinere Beiträge zu zahlen seien. Diese aber jedes Jahr, weshalb es langfristig auf die gleiche Belastung hinauslaufe.

Die Diskussion war sehr lebhaft: „Bereits beim Bau der eigenen vier Wände fallen hohe Kosten für die Erschließung des Grundstücks an. Durch die neue Steuer sollen dann die Grundstückseigentümer ein weiteres Mal zur Kasse gebeten werden“, hieß es. Von mehreren Anwesenden wurde die Gründung einer überparteilichen Bürgerinitiative vorgeschlagen, um die Straßenbeiträge zu verhindern.

Egal wer welche Parteien bei der Kommunalwahl gewählt hat, jetzt müsse man zusammenstehen. Nur ein anwachsender Druck auf die Entscheidungsträger im Rathaus kann hier Erfolg haben. „Die Parteien wollen ja wieder gewählt werden“, meinte eine Besucherin am Ende der Veranstaltung.

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Im März 2011 wurde durch Volksabstimmung eine „Schuldenbremse“ in die Hessische Landesverfassung aufgenommen. Immerhin stimmte fast ein Drittel der Wählerinnen und Wähler mit „Nein“. Im Landtag hatte nur „Die Linke“ das Gesetz abgelehnt.

Um sie auf das Thema „Schuldenabbau“ einzustimmen, wurde von der CDU/FDP-Landesregierung im Vorfeld der Landtagswahl 2013 einem Viertel der hessischen Landkreise, Städte und Gemeinden ein „Schutzschirm“ angeboten. Die vertragliche Verpflichtung, innerhalb von fünf Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wurde den hochverschuldeten Kommunen mit Entschuldungshilfen schmackhaft gemacht. Der damit aufgebaute Druck, Ausgaben einzuschränken, vor allem aber alle Möglichkeiten zu nutzen, Mehreinnahmen zu erzielen, wird inzwischen auf alle Kommunen ausgeübt.

Folge sind insbesondere die massive Erhöhung der Grundsteuer B (für bebaute Grundstücke) und die Einführung von Straßenanliegerbeiträgen. Die kommunale Selbstverwaltung wird im Rahmen der Haushaltsgenehmigungsverfahren durch Auflagen der Genehmigungsbehörden zunehmend eingeschränkt.

In Mörfelden-Waldorf haben wir es abgelehnt, unter den „Schutzschirm“ der Landesregierung – inzwischen CDU/GRÜNE – zu kriechen.

Zum Haushalt hat die DKP/Linke Liste im Stadtparlament auch in diesem Jahr eine Resolution zur Weiterleitung an die Fraktionen des Hessischen Landtags und des Bundestags, die Hessische Landesregierung und die Bundesregierung eingebracht, in der es heißt: „Mehr Geld für Städte und Gemeinden. Die Stadt Mörfelden-Walldorf hat – wie die meisten Kommunen – ein Einnahmeproblem.

Die hohe Verschuldung der Städte und Gemeinden ist die Folge einer Finanzpolitik des Bundes und der Länder, die große Vermögen, hohe Einkommen, Aktien- und Spekulationsgewinne nicht angemessen besteuert, den Kommunen nicht die notwendigen Mittel bereitstellt, um ihre verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen zu können und die ihnen immer wieder Verpflichtungen zuweist, ohne für eine entsprechende Finanzausstattung zu sorgen. Die Forderung nach mehr Geld für die Kommunen ist deshalb unverzichtbar.

Unter dem „Schutzschirm“ wurden in unserer Stadt wie in vielen hessischen Kommunen die Grundsteuer B und andere Steuern, Kita-Gebühren, Eintrittspreise für öffentliche Einrichtungen und Veranstaltungen und vieles andere mehr drastisch erhöht. Andere Städte und Gemeinden haben neue Steuern eingeführt und gleichzeitig wichtige Einrichtungen wie Bibliotheken, Bürgerhäuser und Schwimmbäder geschlossen, ohne damit einem „nachhaltigen“ Haushaltsausgleich näher zu kommen. Gestrichene oder aufgeschobene öffentliche Leistungen und Investitionen kommen die Kommunen schon jetzt – erst recht in Zukunft – teuer zu stehen. Es geht an die Substanz. Geringverdiener werden von dieser Entwicklung besonders hart getroffen. Sie werden über ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinaus belastet. Nicht nur ihnen wird die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschwert. Die Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten vieler Kinder werden weiter eingeschränkt. Wir halten das für den falschen Weg.

Wir weisen jeden weiteren Abbau notwendiger kommunaler Leistungen, immer höhere Belastungen der Einwohnerinnen und Einwohner und weitere Einschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung zurück.

Die kommunale Infrastruktur ist auch zur Integration der Menschen unverzichtbar, die als Flüchtlinge und Asylbewerber in unserer Stadt aufgenommen werden. Dazu gehört vor allem bezahlbarer Wohnraum im Eigentum der Stadt. Dafür wird mehr Geld gebraucht.

Die Stadtverordnetenversammlung von Mörfelden-Walldorf fordert deshalb:

• Vollständige Entschuldung der Kommunen mit Hilfe des Landes, des Bundes und der Banken, ohne die Bevölkerung weiter finanziell zu belasten;

• volle Kostenübernahme aller den Kommunen übertragenen Aufgaben, insbesondere für Bau und Unterhaltung von Kindertagesstätten und die Kita-Betreuung;

• Rücknahme der Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich und eine deutliche Erhöhung der Mittel für die Städte und Gemeinden bei der Neuberechnung;

• Sicherstellung der kommunalen Handlungsfähigkeit und Selbstverwaltung durch einen erhöhten Anteil an den Steuereinnahmen.“

Der Antrag fand allerdings keine Mehrheit. SPD, Freie Wähler, FDP und CDU waren dagegen.

Von Gerd Schulmeyer

UZ-Ausgabe vom 19. Mai 2017