Aktuelles

Hier informieren wir regelmäßig über Aktivitäten der Kreise und des Bezirks.

Zeige alle Artikel in Allgemein
0

„Na endlich!“

Streiktagebuch aus der Tarifrunde Post – Teil 1

Kurz nach 6 Uhr morgens bezieht der Vertrauensmann Position. Er steht – ausgestattet mit gelber ver.di-Weste – vor dem Eingang zum Zustellstützpunkt. Noch kommen die Kollegen eher spärlich, nur wenige Vorverteil- und Vorbereitungskräfte sind bereits im Stützpunkt. Sie beginnen bereits weit vor 6 Uhr damit, die Post vorzusortieren und Wurfsendungen auf die Bezirke aufzuteilen. Die Kollegen haben auf den Beginn des Warnstreiks gewartet, sind beachtlich häufig rauchen gegangen. Man hat sie gestikulieren und miteinander diskutieren sehen, als – endlich! – die gelbe Weste am Tor zu sehen ist.

Ab diesem Zeitpunkt setzt sich ein Netzwerk in Bewegung: Die Kollegen, die bereits drinnen sind, müssen rausgeholt werden. Eine ganze Truppe an Vorbereitungskräften kommt geschlossen vors Tor. Sie haben auf diesen Moment gewartet, sie grinsen. Eine junge Kollegin war früher gekommen, weil sie sonst die Arbeit nicht schafft – der ihr zugeteilte Bezirk ist zu groß. Sie wird von den gestandenen Frauen in die Mitte genommen, vom Hof geleitet und über die Aktion „Dienst nach Vorschrift“ aufgeklärt. Der Vertrauensmann lächelt, so funktioniert das Netzwerk. „Na endlich!“ sagen die Kolleginnen, als sie ihn sehen.

Alte Beamte kommen zum Tor, wünschen Glück. Einige melden sich vor dem Tor stehend krank. Die Solidarität des Arbeiterteils, von denen sich über 40.000 für eine Forderung zugunsten der Beamten ausgesprochen hatten, wird mit Solidarität vergolten. Kurz nach 7 Uhr verteilt sich die erste Traube an Kollegen zur kollektiven Fahrt ins Streiklokal. Mit zwei Leuten Verstärkung bleibt der Vertrauensmann vor dem Tor, um die Nachzügler abpassen. Eine Betriebsrätin in gelber Warnweste geht aufs Gelände und spricht unter den wachsamen Augen des Stützpunktleiters mit jedem Kollegen. Eine zweite Traube an Kollegen fährt um halb acht ins Streiklokal.

(Quelle: uz – https://www.unsere-zeit.de)

0

ver.di: Gemeinsame Aktion mit Post-Beschäftigten möglich

Bundesweit bekundeten mehr als 335.000 Beschäftigte ihre Unterstützung für die ver.di-Forderungen. Aktion der Beschäftigten zur Übergabe der Unterstützerunterschriften am Rathaus in Stuttgart (26. Januar 2023) (Foto: Christa Hourani)

Bundesweit bekundeten mehr als 335.000 Beschäftigte ihre Unterstützung für die ver.di-Forderungen. Aktion der Beschäftigten zur Übergabe der Unterstützerunterschriften am Rathaus in Stuttgart (26. Januar 2023) (Foto: Christa Hourani)

Die erste Runde in den Tarifverhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen ist am 24. Januar 2023 wie zu erwarten ohne Ergebnis beendet und auf den 22. Februar vertagt worden. Mehr als 335.000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes haben mit ihrer Unterschrift die ver.di-Forderung von 10,5 Prozent mehr Entgelt, mindestens aber 500 Euro, bereits unterstützt. „Im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen brodelt es“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. „Die Belegschaften werden sich in der Tarifrunde nicht mit warmen Worten und einem schlechten Ergebnis abspeisen lassen.“

In Stuttgart haben Beschäftigte über 11.400 Unterschriften von Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes – verbunden mit einer Kundgebung vor dem Rathaus – dem Gemeinderat in seiner Sitzung am 26. Januar übergeben. Damit haben sie die breite Unterstützung der ver.di-Forderung gezeigt und so den Druck verstärkt. Ihre Lieblingsparole: „Ohne Streik wird sich nichts verändern!“

Der Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Stuttgart, Cuno Brune-Hägele, zeigte die Widersprüche auf: Die kommunalen Arbeitgeber behaupten, es gäbe keinen Fachkräftemangel. Gleichzeitig stellen sie Seniorinnen und Senioren ein – bis hin zu ehemaligen Bürgermeistern –, weil die Arbeit nicht mehr bewältigt werden kann.

ver.di-Landesvorsitzender Martin Gross betonte die Notwendigkeit, durch den Mindestbetrag von 500 Euro die unteren Entgeltgruppen zu stützen, da sie am heftigsten unter der hohen Inflation, insbesondere bei Lebensmitteln und Energie, leiden und die größten Probleme haben. Er kritisierte auch, dass die unteren Entgeltgruppen nur eingeschränkt von den Entlastungspaketen der Bundesregierung profitieren. Außerdem berichtete er von den Tarifverhandlungen bei der Post und kündigte an, dass auch gemeinsame Aktionen möglich seien, wenn von Seiten der Arbeitgeber weiterhin geblockt werde.

(Quelle: uz – https://www.unsere-zeit.de)

0

Wahlwerbespot der DKP

0

Am 3. August 2021 fand auf dem Römerberg in Frankfurt eine Kundgebung der DKP Hessen statt. Der Versuch, der DKP auf formalem Wege den Parteienstatus zu entziehen, war zwar gescheitert. Weitere Versuche linken Organisationen die Grundlage zu entziehen, werden aber kommen. Deshalb sollte ein Zeichen gesetzt werden: mit unterschiedlichen Schwerpunkten setzen sich fortschrittliche, linke Kräfte ein gegen den Abbau demokratischer Rechte, gegen Krieg, Faschismus, Rassismus und die Abwälzung der Kosten der Corona Krise auf die arbeitende Bevölkerung. Nur gemeinsam werden wir uns der Reaktion entgegenstellen können.

In den Reden wurde dargestellt, dass sich die DKP grundsätzlich von anderen Parteien unterscheidet, weil sie auf das aktiv Werden der arbeitenden Menschen orientiert, statt auf parlamentarische Stellvertreterpolitik. Es wurde gezeigt, in welcher Weise sich die BRD seit dem 2. Weltkrieg politisch und ökonomisch entwickelt hat bis zum „schlanken Staat“ in der aktuellen Kapitalismusvariante. Es wurde die drohende Kriegsgefahr aufgezeigt, und die Kräfte, die unterhalb der Regierung das politische Klima in Deutschland beeinflussen, wie Geheimdienste, Großkonzerne und Thinktanks.

Der Versuch, die DKP mit administrativen Mitteln mundtot zu machen, wurde in eine Reihe gestellt mit den Angriffen gegen attac, VVN-BDA, Rote Hilfe oder die Tageszeitung junge Welt.

Soli-Kundgebung auf dem Römer

In mehreren Solidaritätsadressen wurde die ausdauernde Friedensarbeit der DKP lobend hervorgehoben und erwähnt, dass in Frankfurt die DKP gegründet wurde, der Stadt von Etty und Peter Gingold und Emil Carlebach, die als Widerstandskämpfer hoch geschätzt werden.

0

Wir sagen allen Kolleginnen und Kollegen „Danke“, die inzwischen täglich unter höchstem Einsatz und unter hohen körperlichen Risiken die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen: In Krankenhäusern, Kindergrippen und Schulen oder an der Supermarktkasse. Und damit sind längst nicht alle Berufsgruppen aufgezählt, die unter schwierigsten Bedingungen jeden Tag für uns da sind. Trotz kaputt gesparter Gesundheits- und Sozialsysteme.

Als Kommunisten stehen wir an der Seite dieser Kolleginnen und Kollegen, wenn sie beispielsweise für eine anständige Bezahlung und anständige Arbeitsbedingungen kämpfen!

Als Kommunisten sagen wir nicht „Danke“, wenn Soldaten der Bundeswehr in den Gesundheitsämtern „unterstützen“!

Die Beschäftigten im öffentlichen Gesundheitsdienst sind längst an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. Jahrelange Sparmaßnahmen und Stellenabbau im Öffentlichen Gesundheitsdienst fordern ihren Tribut. Die Gesundheitsämter benötigen eine dauerhafte personelle Aufstockung mit Fachpersonal und keine Zeit- und Leiharbeiter der Bundeswehr.
Die Bundeswehr hat nichts in den Gesundheitsämtern zu suchen! Weder dort, noch in Schulen, wo sie versuchen, Kanonenfutter für die imperialistischen Kriege der Bundesrepublik anzuwerben.

Millionen von Geringverdienern, Mini-Jobbern und Studenten haben in der Pandemie bereits ihre Existenzgrundlage verloren. Statt mit den staatlich alimentierten Bundeswehr-Killern in den Gesundheitsämtern Werbung für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren zu machen, muss jetzt den Menschen, die auf Grund der Pandemie ihren Job verloren haben, eine Existenzgrundlage – beispielsweise in den Gesundheitsämtern – geschaffen werden. Dazu gehören anständige Löhne und Arbeitsbedingungen.

Dass die Situation inzwischen so verfahren ist, liegt vor allem an der Maxime der Profitmacherei in unserer Gesellschaft. Vor allem die Privatisierungen auf Kosten der Allgemeinheit und der Beschäftigten haben unsere Gesundheits- und Sozialsysteme an die Wand gefahren. Damit einige Wenige ihren Reibach mit Gesundheit, Bildung und anderen Bereichen der Daseinsvorsorge machen können.

Als Kommunisten stehen wir für gesellschaftliches Eigentum, gesellschaftliche Kontrolle und gesellschaftliche Planung. Wir leben aber in einem Staat, in dem privates Eigentum, private Kontrolle und keine Planung unseren Alltag bestimmen. Mit allen Folgen, wie Massenarbeitslosigkeit, fehlenden Perspektiven und einem Gesundheitssystem, das bei einer Pandemie, wie der aktuellen, scheitern muss!

Die Bundeswehr, die weltweit die Interessen des deutschen Großkapitals verteidigt, wird daran nichts ändern. Im Gegenteil. Sie wird im Notfall gewaltsam diese unmenschlichen Verhältnisse sichern und verteidigen. Die faschistischen Netzwerke, die bereits jetzt bei Bundeswehr und Polizei existieren, werden ihren Teil dazu beitragen.

0

solidartitaet-brecht-kollwitz

Ein wesentlicher Bestandteil des Klassenbewusstseins ist die Erkenntnis der Gemeinsamkeit der Interessen innerhalb der Klasse. Diese Erkenntnis ist der erste Schritt, um aus einer Klasse an sich zur Klasse für sich zu werden. Von diesem Zustand sind wir weit entfernt. Die allgemeine Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, aber auch viele vom Klassengegner bewusst genutzte „Spaltpilze” unter den Beschäftigten selbst, sorgen für eine weitgehende Entsolidarisierung. Auch innerhalb der Gewerkschaften stehen Standort- und Betriebsinteressen oft über der Durchsetzung von Klasseninteressen. Dies liegt nicht zuletzt an der Dominanz der Betriebsräte innerhalb der Gewerkschaftsstrukturen.

Konkurrenz und Spaltung auf allen Ebenen

Der Entwicklung von Solidarität und Klassenbewusstsein stehen auf allen Ebenen viele Hindernisse entgegen. Die Spaltung hat sich tief im Bewusstsein der Werktätigen verankert. Um dies aufzubrechen, müssen wir im ersten Schritt verstehen, mit welchen Einstellungen wir es zu tun haben.

Nation & Standort Deutschland:
Auf einer Mitgliederversammlung der IG Metall in meinem Betrieb feiert sich der BR für den Erhalt eines deutschen Werks. Erkauft wurde dieser Erhalt mit einem Schichtmodell, das den Samstag als Regelarbeitstag beinhaltet. Die Argumentation: „Wenn wir das nicht so vereinbaren, können wir die Arbeitszeit bald auf null verkürzen. Denn in Polen sind Wochenenden egal; die arbeiten auch an Sonntagen. Da müssen wir mithalten.“ „Die Polen“ seien also unsere Gegner und „wir Deutschen“ im Vergleich mit ihnen zu teuer. Für den Redebeitrag gab es Standing Ovations auf der Mitgliederversammlung. Wohin die Logik dieses „Unterbietungswettbewerbs“ führt und wer der Nutznießer ist, dazu wurde nichts gesagt.

Branche:
Häufig identifizieren sich Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Branche bzw. Beschäftigtengruppe. Diese Identifikation geht oft mit einem Nicht-Interesse für die Auseinandersetzungen in anderen Bereichen einher oder führt zu einer bewussten Abgrenzung. Bezeichnend sind hier z.B. Äußerungen aus dem ansonsten beispielgebenden Streik der Sozial- und Erziehungsdienste: „Wir kämpfen für etwas Wichtiges, unsere Arbeit ist besonders. Unsere Streiks sind deshalb nicht zu vergleichen mit Lohnkämpfen in der Industrie. Uns geht es nicht bloß um mehr Geld, wir wollen Anerkennung.“ Die Abgrenzung geht soweit, dass man über streikende Kollegen anderer Bereiche schimpft und sich beschwert, dass sie den Hals nicht vollkriegen. So während der Warnstreiks im öffentlichen Dienst oder bei Streiks im Bahn- und Flugverkehr. Diese Haltung ist verbreitet insbesondere in Bereichen mit geringem Organisationsgrad und schlechten Arbeitsbedingungen: „Denen geht es eh schon besser als mir, jetzt sollen sie mir nicht mit ihrer Gier das Leben schwer machen“.

Betrieb:
Auch die Konkurrenz zwischen den Kapitalisten wirkt sich eins zu eins auf die Arbeiterklasse aus. Als Beschäftigter ist man in gewissem Maße vom Erfolg des eigenen Kapitalisten im Wettbewerb abhängig und steht damit in Konkurrenz zur Belegschaft anderer Unternehmen. Der Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes hat höchste Priorität und wird im Zweifelsfall gegen die Kollegen in anderen Betrieben durchgesetzt. Die Folge sind Zustimmungen zu Sonderregelungen und Zugeständnisse für die Erhaltung eines Betriebs, oft in Abweichung zum Flächentarifvertrag. In einer Diskussion mit IG Metall-KollegInnen zum Thema „Mobiles Arbeiten“ und den damit verbundenen Risiken zur Entgrenzung der Arbeit sagt eine Kollegin: „Ich arbeite nun mal in diesem Betrieb und möchte daher auch, dass das Unternehmen erfolgreich ist. Wenn es dafür nötig ist, bestimmte Arbeiten am Wochenende fertig zu stellen, dann bin ich dazu bereit. Oberstes Ziel ist der Erhalt des Arbeitsplatzes.“ Sie ist also bereit, Mehrarbeit zu leisten bzw. weitere Einschnitte in ihr Privatleben in Kauf zu nehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit „ihres“ Unternehmens zu sichern. Damit setzt sie – bewusst oder unbewusst – Kollegen in derselben Lage in anderen Betrieben unter Druck, sich einer Abwärtsspirale der Arbeitsbedingungen anzuschließen.

Beschäftigungsverhältnis:
Die fatalste Spaltungslinie, wenn es um die Streikfähigkeit eines Betriebes geht, ist jene, die sich durch die Belegschaft selbst zieht. Hier wird die Stammbelegschaft gegen die Leiharbeiter oder Werkverträgler ausgespielt. Gemeinsame Interessen und Kämpfe werden allein schon durch die formale Betriebszugehörigkeit erschwert. Aber auch im Bewusstsein einiger Kollegen und ihrer BR-Vertreter finden sich Auffassungen, wonach Leiharbeit gut sei, weil sie als „Flexibilitätspuffer” die Stammbelegschaft vor Entlassungen schütze. Von Kollegen höre ich oft Aussagen, dass nicht jeder ein festes Beschäftigungsverhältnis „verdiene” — der Kollege xy sei nicht gut genug dafür bzw. strenge sich nicht ausreichend an und sollte daher in Leiharbeit bleiben. Ein „festes“ Beschäftigungsverhältnis müsse man sich also erst verdienen. Neben der Erschwerung gemeinsamer Kämpfe und dem potentiellen Einsatz von Leiharbeitern als direkte Streikbrecher, verschärft die Duldung von Leiharbeit im eigenen Unternehmen auch unmittelbar den Leistungsdruck auf die Festangestellten, erhöht die Unsicherheit und macht erpressbar.

Arbeiter vs. Angestellte:
Auch wenn diese Trennung offiziell nicht mehr existiert (mit der Einführung von ERA und dem TVöD wurden einheitliche Entgeltgruppen geschaffen), ist die Spaltung zwischen „Kopf- und Handarbeiter” real und im Bewusstsein vieler KollegInnen weiterhin vorhanden. Ein grundlegendes Misstrauen gegenüber den „Hemdträgern” hat reale Grundlagen (höhere Bezahlung, mehr Verantwortung und Kontrolle), wird aber mit wachsendem Anteil von Angestellten zu einem zunehmenden Problem für die Kampffähigkeit einer Belegschaft. So wurde der viel diskutierte Streik beim Verpackungshersteller Neupack in Hamburg unter anderem deswegen verloren, weil es nicht gelungen war, die Angestellten in die Streikfront mit einzureihen. Sie wurden in der Auseinandersetzung zu Verbündeten des Kapitalisten und zu Streikbrechern. Viele auch gewerkschaftlich organisierte Arbeiter sehen die Angestellten als Gegner oder Schmarotzer: Es wird als ungerecht empfunden, dass die gut organisierten „Werker“ für die Hemdträger in Tarifauseinandersetzungen die „Kohlen aus dem Feuer holen” und gleichzeitig am wenigsten von einer prozentualen Tariferhöhung haben. Andersherum sind viele Angestellte weiterhin der Auffassung, dass sie so wichtig sind für das Unternehmen, dass sie keine kollektive Interessenvertretung benötigen, sondern ihre Interessen besser individuell durchsetzen können.

Alter:
Die Spaltung zwischen jung und alt hat ganz konkrete betriebliche und gewerkschaftliche Ausdrucksformen. Verhandlungen zu betrieblichen Umstrukturierungen oder Ausgliederungen enden oft in neuen Tarifverträgen, die niedrigere Einstiegsgehälter beinhalten bei gleichzeitiger „Besitzstandswahrung“ für die aktuell Beschäftigten. Gewerkschaftliche Errungenschaften werden aufgegeben und unterschiedliche Lohnniveaus im selben Betrieb akzeptiert. Darin drückt sich ein Verständnis von Gewerkschaftsarbeit aus, das die unmittelbaren Interessen der derzeitigen Mitglieder berücksichtigt, aber keine langfristigen Klasseninteressen. Das verschlechtert auf lange Sicht die Kampffähigkeit der gesamten Belegschaft.

Geschlecht:
Uns allen sind die Zahlen zur ungleichen Bezahlung von Frauen und Männern bekannt. Wir wissen, dass Frauen seltener in Leitungspositionen anzutreffen sind als Männer, dass sie bei Einstellung und Beförderung diskriminiert werden. In diesen Zahlen drückt sich eine Spaltung aus, die bis tief ins Bewusstsein der Arbeiterklasse wirkt. Als ich einem Kollegen gegenüber darüber klagte, dass es schwer bis unmöglich sei, in Vollzeit zu arbeiten und gleichzeitig ein Kind groß zu ziehen, sagte er, dass er Teilzeit arbeiten würde, wenn er eine Frau wäre. Anstatt gemeinsam um bessere Arbeitsbedingungen und eine kürzere Vollzeit zu kämpfen, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie für alle möglich machen würde, wird akzeptiert, dass individuelle Lösungen gesucht werden, die in der Konsequenz eine schlechtere Bezahlung und prekäre Beschäftigung bedeuten. Frauen werden also mit „ihren Problemen“ alleine gelassen.

Ethnie/Nationalität:
Diese Spaltungslinie hat nach meiner bisherigen Erfahrung in einem Großbetrieb eine geringere betriebliche, aber umso größere gesellschaftspolitische Bedeutung. Migranten werden zum Schleifen gewerkschaftlicher Errungenschaften und direkt als billige Arbeitskräfte missbraucht. Angriffe auf die Rechte von Migranten werden nicht als Angriffe auf die gesamte Klasse begriffen und von ihr entsprechend bekämpft. Auch sie werden von der Klasse und ihren Organisationen mit „ihren Problemen“ weitgehend alleine gelassen. Schlimmer noch, teilweise werden die Angriffe sogar befürwortet, weil sie als Schutz des Lebensstandards und der Rechte der Einheimischen ausgegeben werden. Dadurch kann Rassismus als Spaltpilz verheerende desorientierende Wirkung entwickeln.

Individualisierung der Interessenvertretung

Das Ergebnis all dieser Spaltungslinien ist eine fragmentierte Klasse. Wenn Kämpfe geführt werden, finden sie isoliert statt und sind damit oft zum Scheitern verurteilt. Mutlosigkeit angesichts der Übermacht des Kapitals oder eine starke Individualisierung, d.h. das völlige Negieren des Vorhandenseins gemeinsamer Interessen und der Sinnhaftigkeit kollektiven Handelns, sind die Folge.

Auch die Gewerkschaften setzen dem nur selten etwas entgegen. Wie stark die Individualisierung bereits verankert ist, zeigt sich beispielsweise in der aktuellen Kampagne der IG Metall zum Thema Arbeitszeit. Unter dem Motto „Mein Leben. Meine Zeit“ geht es vorrangig um die Möglichkeit, die Arbeitszeit flexibel und individuell anpassen zu können, um beispielsweise Familie und Beruf unter einen Hut bringen zu können. Da es so viele unterschiedliche Vorstellungen von der persönlichen Arbeitszeitgestaltung gäbe (es soll auch Menschen geben, die gerne 40 Stunden und mehr arbeiten wollen), verzichtet die IG Metall komplett auf zentrale gemeinsame Forderungen.

Diese Individualisierungstendenzen sind das Beste, was den Unternehmen passieren kann. Jeder Einzelne, der mehr als die kollektiv vereinbarte Arbeitszeit oder für weniger Lohn arbeitet, fällt damit dem Rest seiner Klasse in den Rücken. Wenn es keine kollektiven Haltelinien mehr gibt, ist der Einzelne den Anforderungen des Unternehmens hilflos ausgeliefert. Jede Öffnungsklausel kollektiver Vereinbarungen führt zum Aufweichen von erreichten Standards und letztlich zu deren Abschaffung. Die Kapitalisten haben ein leichtes Spiel, wenn sie uns auf all diesen Ebenen auseinander dividieren können.

Spaltung überwinden & Klassenbewusstsein entwickeln

Als Kommunistinnen und Kommunisten im Betrieb und in der Gewerkschaft sind wir täglich mit diesen Spaltpilzen konfrontiert und müssen oftmals individuell Antworten darauf finden, wie wir in unserer täglichen Praxis zur Einheit der Klasse beitragen können. Im Folgenden möchte ich zumindest ein paar Beispiele für Handlungsmöglichkeiten in der täglichen gewerkschaftlichen und betrieblichen Praxis benennen, die exemplarisch eine Orientierung geben können:

  • Fachbereichs- und Gewerkschaftsübergreifende Arbeitskampfplanung: Um die Gemeinsamkeit der Interessen über Branchen- und Gewerkschaftsgrenzen hinweg zu erkennen, braucht es gemeinsame Kampferfahrungen. Ein erster Schritt wäre eine Koordination der Aktionen bei zeitgleichen Tarifauseinandersetzungen, Solidaritätsbesuche in anderen Betrieben oder Berichte von Arbeitskämpfen in anderen Bereichen auf Betriebsversammlungen. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Tarifverhandlungen zeitlich abgestimmt werden, um gemeinsame Aktionen dieser Art zu ermöglichen.
  • Kampf um den Erhalt des Flächentarifs als Mittel und Ausdruck der branchenweiten Solidarität: Flächentarifverträge sind die letzten Bastionen gegen die Spaltung nach Betrieb. Aktuellen Tendenzen zu Öffnungsklauseln oder von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abhängigen Entgeltbestandteilen müssen wir entschieden entgegentreten. Jede weitere Verbetrieblichung der Tarifverträge schwächt die Durchsetzungsmacht der Gewerkschaften. Dabei gilt es, Tarifflucht von beiden Seiten zu bekämpfen: wir müssen sowohl der „klassischen“ Tarifflucht von Kapitalisten durch Auslagerungen oder Austritt aus den Arbeitgeberverbänden als auch der Tendenz zu Haustarifverträgen in großen Industriebetrieben entgegentreten.
  • Solidarität im Betrieb zwischen verschiedenen Abteilungen, Angestellten, Arbeitern, Leiharbeitern und Werkverträglern entwickeln: Der Schlüssel zur Entwicklung von betrieblicher Solidarität ist eine aktive und politische Vertrauensleutearbeit. VL-Strukturen müssen abteilungsübergreifend organisiert sein und Bewusstsein über Arbeitsbedingungen und Probleme des jeweils anderen herstellen. Ein wichtiges Mittel hierfür sind Betriebszeitungen, die zur Entwicklung einer kritischen Öffentlichkeit im Betrieb beitragen.
  • Kampf um „Insourcing“ und gegen Fremdvergabe: Jede weitere Spaltung der Belegschaft durch Fremdvergabe oder den Einsatz von Leiharbeit muss bekämpft werden. Durch Auslagerung werden schlagartig über Jahre erkämpfte Arbeitsbedingungen zunichte gemacht und die Belegschaft, die hierfür gemeinsam gestritten hatte, aufgelöst. Auch hier ist ein erster Schritt das Bekanntmachen entsprechender Pläne des Unternehmens. Das restriktive deutsche Arbeitsrecht macht Kämpfe um diese Frage schwer, aber auch unterhalb der Schwelle eines Streiks gibt es viele Aktionsmöglichkeiten („Dienst nach Vorschrift”, Blockieren von Überstunden durch den BR, Informationsveranstaltung des BR etc.). Diese Frage macht nicht zuletzt deutlich, wie wichtig der Kampf um ein Streikrecht ist, das diesen Namen verdient. Beispielhaft sind die spontanen Arbeitsniederlegungen tausender Bremer Daimler Kollegen im November 2014 gegen die Auslagerung der Logistik an eine Billigfirma.

Es ist klar, dass das Problem an dieser Stelle nicht erschöpfend diskutiert werden kann. Die Analyse der vielfältigen Spaltungsebenen und die genannten Ansatzpunkte zur Überwindung der Spaltpilze kann lediglich als eine Anregung für die weitere Diskussion dienen. Denn: Jeder von uns hat Ansätze und Ideen aus der eigenen betrieblichen und gewerkschaftlichen Arbeit. Wir müssen stärker darin werden, diese Erfahrungen auszutauschen und miteinander zu lernen. Denn: Die Herausforderungen zu strukturieren und zu verallgemeinern ist notwendig, um gemeinsam Antworten und Handlungsansätze zu finden, wie wir als Kommunisten unserer Aufgabe in Betrieb und Gewerkschaft gerecht werden können: Klassenbewusstsein schaffen und unsere Verankerung in der Arbeiterklasse erhöhen.

[Quelle: Theorie & Praxis, Nr. 42 https://theoriepraxis.wordpress.com]

0

 

verdi-vl

Gewerkschaften haben in der letzten Zeit eher selten Grund zum Feiern. Wenn es dann mal einen Anlass gibt, wie im Oktober 2012, als das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) seinen 60. Geburtstag feierte, dann wird geladen, was Rang und Namen hat: Der damalige DGB-Vorsitzende Michael Sommer, die ehemalige Bundesarbeitsministerin – jetzt zuständig für Kriegsministerium – Ursula v.d. Leyen, Konzern- und Gesamtbetriebsratsvorsitzende verschiedener Großkonzerne und Vertreter unterschiedlicher Arbeitgeberverbände. Der Tenor war einheitlich: das BetrVG ist ein Erfolgsmodell und hat wesentlich dazu beigetragen, Krisen in der Bundesrepublik zu verhindern.

Dabei war das Gesetz 1952 unter erheblichen Geburtswehen entstanden, an denen der DGB nicht unbeteiligt war. Das war auch kein Wunder. Schließlich war das Ziel der damaligen reaktionären Adenauer-Regierung mit Sicherheit nicht, den Beschäftigten ein Instrument in die Hand zu geben, mit dem diese ihre Interessen durchsetzen konnten. Es ging vielmehr darum, die gewerkschaftliche Macht in den Betrieben einzuschränken, Klassenkonflikte zu verrechtlichen und weiterreichende Mitbestimmungsmöglichkeiten, wie sie beispielsweise das Betriebsverfassungsgesetz des Landes Hessen vorsah, zu verhindern. Daher hatte der DGB im Frühjahr 1952 bundesweit in allen Betrieben zu Kampfmaßnahmen aufgerufen. Höhepunkt war der Streik in der Druckindustrie, an dem sich am 28. und 29. Mai 1952 mehr als 350.000 Kolleginnen und Kollegen beteiligten.

Verabschiedet wurde das Gesetz im Bundestag dann mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien. KPD und SPD stimmten dagegen.

Kapitalistisches Erfolgsmodell

Das BetrVG als Erfolgsmodell zu bezeichnen, wie beim 60. Geburtstag geschehen, dazu hat die bundesdeutsche Bourgeoisie allen Grund. In wenigen Ländern Europas werden gesellschaftliche Konflikte so aus den Betrieben herausgehalten wie in der BRD. Und das Austragen betrieblicher Konflikte geschieht im rechtlich engen Rahmen des BetrVG. Dessen wesentliche Aufgabe ist die Sicherung des „Betriebsfriedens“ und die Herstellung der „Sozialpartnerschaft“.

So heißt es im §2 (1) des BetrVG:
§ 2 BetrVG – Stellung der Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

Die IG Metall Heidelberg schreibt dazu:
„Die Vorschrift enthält in Abs. 1 zunächst das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dieser Grundsatz sowie das in § 74 Abs. 2 enthaltene Arbeitskampfverbot für den BR, aber auch die Bindung des BR an das gesetzlich nicht näher definierte „Betriebswohl“ (das Wohl der Erwerbsgrundlage aller ArbeitnehmerInnen) setzt diesen Begriff im Wesentlichen mit dem wirtschaftlichen Interesse des AG gleich.[Hervorhebung BB]“1

Im § 74 Abs. 2 des BetrVG wird der Betriebsrat darauf verpflichtet, alles zu unterlassen, was Arbeitsablauf und Betriebsfrieden stört und sich (partei-) politisch neutral zu verhalten. Diese „Neutralitätspflicht“ gilt – nach Auffassung der Kapitalseite und ihr zugeneigter Richter – auch für Tarifauseinandersetzungen und Arbeitskämpfe.

Wo machbar, vor allem in schwächer organisierten Betrieben, wurde und wird die Bildung von Betriebsräten von der Kapitalseite verhindert. Nur wo das nicht ging, vor allem in der Großindustrie, war und ist das BetrVG der Kompromiss, um den Klassenkampf im Betrieb zu kanalisieren und zu neutralisieren.

Allerdings war die relative Ruhe und Stabilität in der Bundesrepublik auch einem anderen Faktor geschuldet, der Tatsache, dass die Bundesrepublik an der Nahtstelle zwischen Kapitalismus und Sozialismus lag. Die unmittelbare Nachbarschaft zu einem System, in dem Arbeitsplatzsicherheit, kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung, geringe Miet- und Mobilitätskosten gesellschaftliche Realität waren, setzte die Bourgeoisie unter Druck. Um die KPD verbieten und Kommunisten verfolgen zu können ermöglichte man gleichzeitig möglichst antikommunistisch geführten Gewerkschaften die Durchsetzung von Errungenschaften am Verhandlungstisch, die in anderen europäischen Ländern nur mit heftigen Arbeitskämpfen erreicht werden konnten.

Der Begriff „Sozialpartnerschaft“ spiegelt diese Situation wider. Das Verschleiern der Klassenwidersprüche, das Durchsetzen einiger Erfolge für das Proletariat ohne Kämpfe und damit die Illusion einer Partnerschaft mit dem Klassenfeind, die scheinbar fehlende Notwendigkeit von schlagkräftigen Gewerkschaften, der starke Einfluss von Betriebsräten und Betriebsratsvorsitzenden mit Stellvertretermentalität auf die Gewerkschaften lassen sich unter diesem Begriff subsumieren.

Die Verpflichtung auf „Betriebswohl“, Neutralitäts- und Friedenspflicht der Betriebsräte bilden die rechtlichen Grundlagen dessen, was als „Standortpolitik“ bezeichnet wird. Eine Form der „Interessenvertretung“, die zwangsläufig zur Spaltung der Klasse führt: In die Belegschaften verschiedener Betriebsstandorte (Beispiel: Opel), in (noch) relativ abgesicherte Kernbelegschaften und Leih- und ZeitarbeiterInnen oder die Beschäftigten der Zulieferketten.

Standortpolitik und Spaltung der Klasse haben allerdings nicht nur eine rechtliche Basis. Kapitalistische Produktion, Steigerung der Produktivität, d.h. fortwährende Revolutionierung der Produktion im kapitalistischen Krisenzyklus schaffen auch die materielle Grundlage: das Überangebot der Ware Arbeitskraft. Die einzelnen Anbieter dieser Ware stehen im Wettbewerb zueinander. Dass dieser Wettbewerb den Preis der Ware Arbeitskraft drückt, dass die Spaltung ausschließlich den Käufern der Ware, also den Kapitalisten zugute kommt, das ist eine Tatsache, die die Klasse seit jeher erfährt. Hier ist der wesentliche Ansatzpunkt für unsere politische Arbeit in Betrieben und Gewerkschaften.

Gewerkschaftliche Vertrauensleute als Basis einer klassenbewussten Interessenvertretung

Als Kommunisten setzen wir auf die tatsächliche Bewegung dort, wo die Kollegen in Auseinandersetzungen mit dem Klassengegner und seinem Staat den Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit täglich erfahren. Dort wo sie sich gemeinsam für ihre Interessen einsetzen und aktiv werden. In Betrieben, Unternehmen und Behörden sind dies in erster Linie die Vertrauensleute.
Vertrauensleute sind an der Basis der Gewerkschaften. Sie werden von den Gewerkschaftsmitgliedern im Betrieb gewählt und sind bei den Kolleginnen und Kollegen als Ansprechpartner bei Problemen, Konflikten, Fragen und Anregungen bekannt. Und sie organisieren den Kampf der Kolleginnen und Kollegen für höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und gegen die Angriffe der Kapitalisten. Sie stehen also dort, wo die Selbstorganisation der Lohn- und Gehaltsabhängigen für die eigenen Interessen stattfinden muss.

Gut organisierte und klassenbewusste Vertrauensleute sind in der Lage, die Stellvertretermentalität von Betriebs- und Personalräten zurückzudrängen, indem sie Beteiligung der Beschäftigten an allen relevanten Fragen einfordern und die Kolleginnen und Kollegen mobilisieren, sich einzumischen.

Die Arbeit als und mit Vertrauensleuten bietet uns die Möglichkeit, Klassenbewusstsein in der Arbeiterklasse zu entwickeln. Hier können die praktischen Erfahrungen organisiert werden, an denen wir anknüpfen, um gegen Standortlogik, Sozialpartnerschaft und Klassenspaltung zu argumentieren.

Dazu ist es allerdings häufig notwendig, Vertrauensleute-Strukturen neu aufzubauen, zu reaktivieren oder die Arbeit in bestehenden Strukturen zu politisieren.

Zustand gewerkschaftlicher Vertrauensleutearbeit

Wo Erfolge am Verhandlungstisch durchgesetzt werden können, wo (freigestellte) Betriebsräte die Auseinandersetzungen in Stellvertretermentalität führen, wo Klassenauseinandersetzungen „verrechtlicht“ sind, da gibt es kaum Bedarf für gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb. Der letzte große gewerkschaftliche Arbeitskampf war der Kampf um die 35-Stundenwoche in der Druck- und Metallindustrie Anfang bis Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Die bundesdeutsche Arbeiterklasse hat also wenig konkrete Erfahrung im Arbeitskampf. Dies und der Verlust der sozialistischen Staaten in Europa Anfang der 1990er Jahre hat die deutsche Arbeiterbewegung erheblich geschwächt.

Wer mit Genossinnen und Genossen, die in den verschiedenen Branchen aktiv sind, über die Vertrauensarbeit vor Ort spricht, wird sehr bald feststellen, dass über alle Branchen und Gewerkschaften hinweg und bundesweit der Zustand der Vertrauensleute (VL)-Arbeit katastrophal ist. Regelmäßige Wahlen zum Vertrauensleutekörper, regelmäßige Treffen, eigene Bildungsarbeit, die sich auf die VL-Arbeit bezieht oder gar politische VL-Arbeit, die Klassengegensätze behandelt und Klassenbewusstsein fördert: in aller Regel Fehlanzeige. Im besten Fall arbeiten die Vertrauensleute noch bei der Forderungsdiskussion zu den Tarifrunden mit und organisieren die Warnstreiks.

Dabei gibt es allerdings Unterschiede zwischen den klassischen Industriegewerkschaften, die sich stark auf die Kernbelegschaften der großen, am Export orientierten Konzerne beziehen, und den Gewerkschaften im Dienstleistungs- und damit häufig Niedriglohnbereich.

Gerade in den letzteren  haben in den letzten Jahren die Klassenkämpfe an Schärfe deutlich zugenommen. Und dies nicht nur auf Seiten des Kapitals bzw. des kapitalistischen Staates (beim Öffentlichen Dienst), sondern zunehmend auch in der Reaktion der betroffenen Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften. Bekanntestes Beispiel ist der Streik in den Sozial- und Erziehungsdiensten des Öffentlichen Dienstes im Jahr 2015. Dort haben sich im Verlauf der Auseinandersetzungen  gewerkschaftliche Strukturen, wie Vertrauensleute-Körper und Betriebsgruppen gebildet, die gewerkschaftlicher Bildungsarbeit einfordern.

Perspektiven einer kämpferischen Vertrauensleutearbeit

Wie Vertrauensleute-Strukturen aufgebaut und gestärkt werden, wie wir die Vertrauensleutearbeit politisieren und für die Selbstorganisation und Mobilisierung der Kolleginnen und Kollegen nutzen, das muss jeweils anhand der konkreten Bedingungen entwickelt werden.

Ein erster Schritt kann die Organisation von Treffen der Vertrauensleute zu aktuellen Themen sein. Dabei sollte die Unterstützung der Betriebs- und Personalräte eingefordert werden. Die können den VL über Sprechstunden den notwendigen Freiraum während der Arbeitszeit schaffen. So macht man deutlich, dass Betriebs- und Personalräte die VL-Arbeit zu unterstützen haben und die Vertrauensleute erfahren, dass sie an die gesetzliche Interessenvertretung Anforderungen stellen können.

Bei diesen Treffen beschäftigen wir uns mit aktuellen Problemen in den einzelnen Teams, mit Fragen, die im Betriebsrat diskutiert werden, mit gewerkschaftlichen Themen, wie Tarifforderungen, Arbeitskampf-Gestaltung, Mobilisierung. Und wir reden darüber, wie wir als Vertrauensleute die Kolleginnen und Kollegen im Betrieb in diese Themen einbeziehen.

Bildungsangebote, wie VL-Konferenzen, Kerngruppenseminare etc., unterstützen die Vertrauensleutearbeit, indem der Zusammenhang von betrieblichen Problemen und den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgezeigt wird. Diese Angebote müssen sich nicht nur an die VL eines Betriebes oder einer Branche richten. Wo es gelingt, Branchen übergreifende Treffen und Veranstaltungen zu organisieren, dort kann der Austausch der VL das Erkennen von Gemeinsamkeiten bezüglich der Angriffe des Kapitals, als auch bezüglich der (Klassen-)Interessen fördern.

Im ver.di – Bezirk Südhessen finden seit mehreren Jahren jährliche Treffen von Vertrauensleuten statt, die in Tarifauseinandersetzungen und in Arbeitskampfleitungen aktiv sind. Dort treffen sich Kolleginnen und Kollegen aus dem Öffentlichen Dienst, von Post, Telekom und aus dem Wach- und Sicherheitsgewerbe oder dem Gesundheitsdienst, um darüber zu beraten, wie eine offensive und kämpferische Tarifarbeit entwickelt werden kann und wie sich die KollegInnen aus den einzelnen ver.di – Fachbereichen bei Auseinandersetzungen gegenseitig unterstützen können. Im letzten Jahr wurde beispielsweise vereinbart, sich gegenseitig bei Vertrauensleute-, Streik- und Betriebsversammlungen zu besuchen und über die Auseinandersetzungen in den anderen Fachbereichen zu berichten. Ziel dieser Vereinbarung war, den KollegInnen deutlich zu machen, dass die Angriffe auf die Beschäftigten in allen Branchen die gleichen Ziele verfolgen: Kostensenkung auf dem Rücken der KollegInnen durch Tarifflucht, Personalabbau oder Zerschlagung der Standorte. Und dass die Interessen der Kolleginnen und Kollegen in diesen Auseinandersetzungen gleich sind. Dass sie also gleiche Interessen als Angehörige einer Klasse haben.

Anforderungen an Kommunisten

Wenn wir als Gewerkschafter, Betriebs- oder Personalräte oder in der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) arbeiten, dann sollten wir einen Schwerpunkt auf die Entwicklung der Vertrauensleute-Arbeit legen. Aktive VL, die in funktionierenden Strukturen arbeiten, die sich regelmäßig – auch zu politischen Themen – austauschen, die ihre KollegInnen bei Auseinandersetzungen einbeziehen, die selbstbewusst gegenüber Betriebs- und Personalräten oder gegenüber dem Gewerkschaftsapparat auftreten und dort Unterstützung einfordern.

Sie sind der Ausgangspunkt für unseren Kampf um Klassenbewusstsein und Klassensolidarität.
Dabei können folgende Schritte notwendig sein:

  • Aufbau oder die Reaktivierung von Vertrauensleute-Strukturen
    Die Organisation von VL-Wahlen, das Entwickeln einer geeigneten Struktur und Arbeitsweise (VL-Treffen, BR-Sprechstunden).
  • Bildungsangebote
    Diese können in unterschiedlichen Formen stattfinden. Ob Konferenzen oder Wochenendseminare sinnvoll sind, muss anhand der konkreten Gegebenheiten geprüft werden. Das Ziel ist die Politisierung der VL-Arbeit. Vertrauensleute müssen die konkreten betrieblichen Konflikte politisch einordnen können. Sie müssen verstehen, dass diese Konflikte nur kollektiv und unter Einbeziehung der Betroffenen angegangen werden können. Sie müssen selbst einen Klassenstandpunkt entwickeln und bei ihren KollegInnen dafür werden.
  • Über den Tellerrand schauen
    Die Auseinandersetzungen in den verschiedenen Betrieben und Branchen müssen dazu genutzt werden, die Vertrauensleute und Beschäftigten zusammen zu bringen. Gemeinsame (Warn-)Streikaktionen, gemeinsame (Bildungs-)Veranstaltungen zu betrieblichen, gewerkschaftlichen oder gesellschaftlichen Themen schaffen die Möglichkeit, gemeinsame Interessen zu erkennen und Formen gegenseitiger Solidarität zu entwickeln.

Die Genossinnen und Genossen, die in Betrieben und Gewerkschaften aktiv sind, müssen dabei von der Partei unterstützt werden. Die jeweilige betriebliche Situation muss regelmäßig Gegenstand der Mitgliederversammlungen oder von Arbeitstreffen der betrieblich und gewerkschaftlich Aktiven auf Kreis- oder Bezirksebene sein. Als Partei können wir bei gewerkschaftlichen Bildungsangeboten oder bei VL-Konferenzen mit Referenten unterstützen.

1: Quelle: IG Metall@SAP, http://www.sapler.igm.de/demokratie/bvg002.html

[Quelle: Theorie & Praxis, Nr. 42 https://theoriepraxis.wordpress.com]

0

Lieber Genosse Raúl Castro,
liebe Genossinnen und Genossen der PCC,

liebes Volk von Kuba!

Am Freitag, den 25. November 2016, ist der Genosse Fidel Castro-Ruz im Alter von 90 Jahren verstorben. Sein Tod kam nicht überraschend. Schon seit einigen Jahren war Fidel schwer erkrankt. Aber sein Tod hat uns und viele Millionen Menschen in aller Welt sehr traurig gemacht.

Fidel war der Führer der kubanischen Revolution und lange Jahre auch Staatspräsident der sozialistischen Republik Kuba. Die Gesellschaft, die er wesentlich mit aufgebaut hat, steht für die Kubaner und für Millionen Menschen für die Gesellschaft der Zukunft.

Die bürgerlichen Medien in den imperialistischen Staaten, unter anderem im europäischen Hauptland des Imperialismus, der Bundesrepublik Deutschland, faseln von Unterdrückung und Verletzung der Menschenrechte, wenn sie über den Tod Fidels berichteten. Aber selbst diese Medien sehen sich genötigt, auch von der kostenlosen Bildung und Gesundheitsversorgung zu sprechen. Errungenschaften der kubanischen Revolution, von denen in allen imperialistischen Hauptstaaten Millionen Menschen nur träumen können.

Trotz der vielen Milliarden US-Dollar, welche der kubanische Staat jedes Jahr auf Grund der völkerrechtswidrigen und barbarischen Blockade der US – Imperialisten aufbringen muss, stellt er seinem Volk nicht nur diese Errungenschaften zur Verfügung, sondern vielen Menschen in allen Teilen dieser Welt auch medizinische Unterstützung. Das sind große Beispiele für Solidarität mit den Völkern dieser Welt! Was bieten der US- und EU-Imperialismus den Völkern dieser Welt statt dessen? Elend, Ausbeutung, Krisen und Kriege. Die Gründe für die verzweifelte Flucht von Millionen Menschen, für den Tod Zehntausender an den Grenzen der EU und für die wachsende Gefahr eines internationalen militärischen Konfliktes mit unabsehbaren Folgen für unsere Gattung.

Fidel hat seit Jahren immer wieder vor dieser Entwicklung gewarnt. Und er stand und steht als Person für eine andere, eine menschliche Perspektive. Bei allen Kommunistinnen und Kommunisten, aber auch bei vielen anderen Menschen.

Sein Beispiel wird den Menschen in Erinnerung bleiben! Und sein Beispiel wird uns, den Kommunistinnen und Kommunisten in Hessen, immer ein Ansporn sein: Für den Kampf um eine bessere Welt! Für den Kampf um die Befreiung von Krieg und Ausbeutung! Für den Kampf für die Revolution und eine sozialistische Gesellschaft!

Es lebe die internationale Solidarität!
Es lebe die Kubanische Revolution!
Es lebe Fidel!